Rechte Töne in der Alten Försterei

Im Fanshop des Fußball-Regionalligisten 1. FC Union wurde eine CD mit rechten Gesängen angeboten. Die gibt es jetzt nicht mehr – aber Prügeleien mit der Polizei

„Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Dirk Zingler, Präsident des 1. FC Union Berlin, staunt nicht schlecht, als er erfährt, dass der Fanshop des Köpenicker Vereins eine CD anbietet, auf der Fangesänge mit Gewalt verherrlichenden, ausländerfeindlichen und nationalistischen Texten dargeboten werden. „So etwas gibt es bei uns nicht“, sagt Zingler noch. „Warten Sie einen Moment“, meint er dann und wendet sich dem Computer zu. Ein paar Mausklicks – und er ist fündig geworden. „Tatsächlich“, sagt er noch und schickt ein nachdenkliches „Aha“ hinterher.

„Eisern Union – Gesänge aus der Alten Försterei“ steht auf dem Cover der CD, die vom Wuhlesyndicat, einem Union-Fanclub der härteren Sorte, herausgegeben wurde. Neben den üblichen harmlosen Fansongs wie „Marmor, Stein und Eisen bricht“ oder dem klassischen Schlachtruf „Eisern Union!“ gibt es auch ganz andere Töne zu hören. Die für die harte Fanszene schon fast normale Verherrlichung von Randale und Alkoholmissbrauch ist schon weniger sportlich. Genauso wie das Verhöhnen von Spielern der gegnerischen Mannschaft als „Asylbetrüger“ oder das Gegröle von der „Reichshauptstadt“. Gestört hat das bislang kaum jemanden. Im Gegenteil: Die CD war ein Bestseller im Fanshop des FC Union. Noch Monate nach dem Erscheinen gehörte sie zu den begehrtesten Artikeln im Fanshop.

Erschienen ist der Tonträger zu der Aktion „Bluten für Union“ im vergangenen Sommer, bei der der Verein vor allem durch Spenden aus der Anhängerschaft vor dem finanziellen Kollaps bewahrt wurde. Von den fünf Euro Verkaufspreis flossen zwei Euro direkt in die Kassen des Clubs. Sprich: Der Verein hat mit den Fanliedern aus der rechten Ecke gut verdient. Um den Inhalt dessen, was da feilgeboten wurde, hat sich niemand gekümmert. „Andere Vereine, die haben Fans, wir Fans haben einen Verein.“ Mit diesem Satz beginnt das Union-Potpourri auf der CD.

„Sollte auf der CD irgendetwas sein, was nur den Anschein erweckt, ausländerfeindlich oder rechtsradikal zu sein, verschwindet sie sofort aus dem Sortiment“, sagt Vereinschef Zingler, als er die Fangesänge im Online-Shop von Union entdeckt. Schon am nächsten Tag ist sie tatsächlich nicht mehr zu erhalten. Inzwischen haben rechte Unionfans erneut von sich reden gemacht. Nach dem Pokalspiel gegen Tennis Borussia Berlin am Mittwoch lieferten sich etliche Anhänger von Union einen heftigen Schlagabtausch mit gegnerischen Fans und der Polizei. Zwar meinte ein Polizeisprecher, es sei normal, wenn angetrunkene und frustrierte Fans, die „eher von rechts kommen“, mit TeBe-Anhängern von Tennis Borussia, die „gemeinhin als links gelten“, aneinander gerieten. Aber auch er muss zugeben, dass es sich um einen größeren Zwischenfall gehandelt hat. 15 Beamte wurden bei der Randale nach dem Spiel, das der Regionalligist Union 0:2 gegen den Oberligisten aus Charlottenburg verloren hatte, verletzt – zwei von ihnen schwer.

Auf die Frage, ob es Auswüchse in der Fanszene gebe, hatte Präsident Zingler noch vor dem Spiel gesagt: „Wenn es Probleme gäbe, dann wüsste ich das.“ Sein Vorvorgänger im Amt, Heiner Bertram, schwärmte einst von der beneidenswerten Situation, in der sich Union befinde. Dass es mit den Anhängern überhaupt keine Probleme gebe, sei in ganz Deutschland einmalig, meinte Bertram damals und ging auf Fragen nach einer rechten Fanszene gar nicht ein. Zingler hat immerhin sofort reagiert und die umstrittene Fan-CD aus dem Sortiment des Fanshops genommen. Er scheint akzeptiert zu haben, dass die heile Fanwelt bei Union nicht mehr existiert.

ANDREAS RÜTTENAUER