„Realpolitische Perversion“

Protest gegen Sparpläne: 50 Studierende besetzten gestern das Verwaltungsgebäude der Uni Bremen. Rektor Wilfried Müller reagiert mit „großem Unverständnis“ und will weiterdiskutieren

von Jan Zier

Rund 50 Studierende der Uni Bremen haben gestern das Verwaltungsgebäude der Uni Bremen besetzt. Sie werfen Rektor Wilfried Müller vor, die im – bislang nicht offiziell verabschiedeten – Hochschulentwicklungsplan V (HEP V) vorgesehenen Kürzungen an der Uni „durch die Hintertür“ umzusetzen. Müller habe in der Auseinandersetzung mit dem Senat um die Finanzierung von Professuren und Studiengängen „erneut klein beigegeben“, so der Vorwurf. Der Angegriffene reagierte gestern mit „großem Unverständnis“ auf die Aktion der Studierenden und „verurteilte“ die Besetzung. Die Mittel des Protestes seien „völlig falsch“. In der Sache verweist Müller auf eine für heute angesetzte Debatte des Akademischen Senates (AS) – des höchsten gewählten Gremiums der Uni.

Der HEP V sieht eine Streichung von 74 der 314 Professuren bis zum Jahr 2015 sowie die Schließung mehrerer Studiengänge vor, etwa des Lehramtsstudienganges Sport. Es sei „nicht in allen Fällen“ gelungen, auch weiterhin ein „möglichst breites Studienangebot“ zu erhalten, heißt es in einer Vorlage für die heutige AS-Sitzung. Gleiches gilt für diverse Projekte im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes. So wird etwa das Fachgebiet „Experimentale Molekülphysik“ wieder gestrichen, ebenso wie das „Strategische Logistikmanagement“ – weil die Anträge nicht erfolgreich waren.

Noch im April diesen Jahres hatte Müller auf einer Vollversammlung der Uni davon gesprochen, dass „alles“ getan werden müsse, „um HEP V zu verhindern und eine bessere Lösung zu erreichen“. Damals verlangten weit über 2.000 Studierende, ProfessorInnen und MitarbeiterInnen der Bremer Uni einstimmig die sofortige Rücknahme aller Kürzungs- und Studiengebührenpläne der Landesregierung.

Während sich die protestierenden StudentInnen auf den Standpunkt stellen, dass die geplanten Kürzungen „nicht diskutiert“, sondern nur „bekämpft“ würden, betont Uni-Sprecher Eberhard Scholz das Interesse der Uni-Leitung an einem „transparenten Diskussionsprozess“ im Akademischen Senat. Jedoch suche „eine kleine studentische Gruppe aus dem AStA-Umfeld“ die demokratische Meinungsbildung innerhalb der Uni zu verhindern.

Müller habe sich vom Akademischen Senat bereits in den vergangenen Monaten eine Personalpolitik auf der Basis des HEP V „legitimieren“ lassen, kritisieren die Studierendenvertreter. Der AS nahm im Oktober offiziell „zur Kenntnis“, dass das Rekorat den HEP V als „vorläufige Grundlage“ der weiteren Planungen betrachte. „Das ist eine realpolitische Perversion“, sagt der AStA-Vorsitzende Michael Markus. Müller vertrete nicht die Interessen der gesamten Uni. „Er muss weg.“

Dessen Sprecher Scholz betonte gestern „den breiten Konsens“ in der Uni, der nicht aufs Spiel gesetzt werden dürfe. Die Vorwürfe der Studierenden seien jedoch „nicht lauter“, zudem eine solche „Anti-Haltung“ aus Sicht des Rektorats „keine akzeptable Position“.

Unterstützung für die DemonstrantInnen kam gestern von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die Besetzung des Rektorats sei „eine verständliche Reaktion“ der Studierenden, mit der sich die GEW „ausdrücklich solidarisiere“. Durch die mit dem HEP V verbundenen „massiven Kürzungen“ sei die Existenz der Uni Bremen bedroht. Die rot-grüne Landesregierung müsse die Pläne deshalb zurücknehmen.