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■ Reaktionen zu den Beiträgenvon Erhard Eppler und Sibylle TönniesUSA ungeeignet als Weltpolizei

betr.: „Gehetzte Vorreiter“, taz vom 19. 11. 01, „UNO muss Weltpolizei werden“, taz vom 20. 11. 01

Endlich ist die Diskussion über internationale Gewalt und Pazifismus dorthin gekommen, wo es weitergehen kann! [...]

Wer von internationalem Gewaltmonopol spricht, muss dabei deutlich von Weltpolizei sprechen. Denn das ist eben nicht dasselbe wie das, was die USA/Nato sich in Kosovo und Afghanistan angemaßt haben. (Deshalb verstehe ich nicht, wie Frau Tönnies die „Anregung“ geben kann, „dass man die USA bittet, das Weltgewaltmonopol in die Hand zu nehmen“. Bloß nicht!)

Polizeiliche Gewalt unterscheidet sich in vier Punkten wesentlich von militärischer Gewalt: 1. Sie sollte neutral sein (und ist es wohl auch in den meisten Fällen); 2. sie kann demokratisch legitimiert, kontrolliert und zur Rechenschaft gezogen werden (keine Frage, dass wir dazu einen reformierten Weltsicherheitsrat und eine ausgebaute internationale Gerichtsbarkeit brauchten); 3. sie ist defensiv ausgebildet und bewaffnet (und selbst wenn es für internationale Einsätze schwerere Waffen brauchen wird als innerstaatlich, wird eine Weltpolizei wohl keine Luftwaffe, keine Marine, keine Raketen, nur leicht gepanzerte Fahrzeuge benötigen und auf jeden Fall eine spezielle polizeiliche Ausbildung); 4. sie ist an die Verhältnismäßigkeit der Mittel gebunden (wird also nicht ganze Städte bombardieren, um Terroristen zu ergreifen).

[...] Es ist kein Geheimnis und kein Zufall, dass alle US-Regierungen bisher eine solche Entwicklung zu einer handlungsfähigen UN verhindert haben, um in eigener Regie und mit eigenen Mitteln und Zielen den Welt-Sheriff spielen zu können. [...]

GERHARD BREIDENSTEIN, Murrhardt

Die USA zu bitten, das Weltgewaltmonopol in die Hand zu nehmen, ist weder möglich noch nötig. Sie besitzen es bereits. Problematisch ist nur, dass diese Polizei bzw. Exekutive zugleich ihr eigener Gesetzgeber und ihr eigener Richter ist. Anders gesagt, sie anerkennt keine Gewaltenteilung, welche bekanntlich die Voraussetzung wäre für einen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat. Damit sei nicht gesagt, dass die USA besagten Forderungen nach innen nicht genügen würden. Sie tun es, und das sogar in vorbildlicher Weise (wenn wir von der exzessiven Strafjustiz einmal absehen.) Nach außen aber bilden sie zusehends eine globale Militärdiktatur, einen absolutistischen Weltstaat.

[...] Eine Welt-Exekutive, die nicht durch eine jeweils gleich mächtige Welt-Legislative und Welt-Jurisdiktion begrenzt wird, können wir uns nicht wünschen. Faktisch aber leben wir bereits mit ihren Ansätzen, und wie es aussieht, werden wir ihre Verwirklichung zumindest als Übergangsstadium akzeptieren müssen. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass die sich abzeichnende absolutistische Weltregierung sich ausweiten wird auf alle Regierungen dieser Erde – mit den USA als eine Art Premierminister und der UNO als Ehrenpräsident und in der Weltbevölkerung oder der Masse der Armen ihre einzige Opposition finden wird. [...]

THOMAS LENTZE, Bonn

Im Grunde beschreibt Frau Tönnies nur, was die UNO von Anfang an wollte, die ja aus dem Pazifismus geboren wurde. Und die Autorin zeigt noch einmal auf, wie sehr es leider die Amerikaner sind, die den Weltfrieden nicht zulassen. 11. September hin oder her. Es war ja schon vorher so. Eine Pax Americana kann auf Dauer global nicht funktionieren, weil die Amerikaner eine eher nationale Vorstellung von Begriffen wie Gerechtigkeit entwickelt haben, wie man auch an ihrem Verhältnis zur UNO leicht sieht. Es müsste tatsächlich ein unabhängiger, gerechter internationaler Exekutivrat sein. [...] ANIS HAMADEH, Kiel

Als Mitglied der Grünen treibt mich wie viele in der Partei die Frage um, wie der Idealismus für eine friedlichere und gerechtere Welt als Vision und Leitlinie politischen Handels auch dann noch deutlich wird, wenn zur Erreichung dieses Ziels die Anwendung militärischer Gewalt notwendig ist. In diesem Sinne empfand ich die Beiträge von Eppler und Tönnies als überaus klug und die Diskussion bereichernd. Instruktiv ist in diesem Zusammenhang auch immer wieder Norbert Elias‘ „Über den Prozess der Zivilisation“, geschrieben in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts mit der Vorahnung des Krieges, mit dem Hitler die Welt überziehen würde. Dort heißt es: „Mit einer Zwangsläufigkeit ... gehören Kriege kleinerer Verbände im bisherigen Verlauf der Geschichte zu den unvermeidlichen Stufen und Instrumenten der Pazifizierung von größeren. (...) Man sieht die ersten Umrisse eines erdumfassenden Spannungssystems von Staatenverbünden, von überstaatlichen Einheiten verschiedener Art, (...) Voraussetzung für die Bildung eines irdischen Gewaltmonopols, eines politischen Zentralinstituts der Erde und damit auch deren Pazifizierung.“

Dieses irdische Gewaltmonopol zu schaffen und in die Hände der Vereinten Nationen zu legen, ist idealistischer Kern und praktischer Handlungsrahmen grüner Außenpolitik. Und in Joschka Fischer sehe ich einen veritablen Vorkämpfer für diese Werte. [...]

FELIX BEUTLER, Berlin

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