Razzien bei G-8-Gegnern : Protest zum Terror gemacht
Drei Wochen vor Beginn des G-8-Gipfels hat die Polizei klar gemacht, dass sie in Heiligendamm ein Null-Toleranz-Konzept fahren wird. Gestern hat sie schon einmal Muskeln gezeigt. Derartige Razzien im Vorfeld angekündiger Proteste sind aber zutiefst undemokratisch.
KOMMENTAR VON ELKE SPANNER
Auch Polizei und Bundesanwaltschaft wissen, dass sie etwa in der Hamburger Roten Flora keine Terrorgruppe aufspüren werden. Wer einen Anschlag vorbereitet, tut dies kaum am bestbeobachteten Platz der Stadt. Ziel der Razzien ist vielmehr, eine Warnung auszustoßen. Gegen die Zusammenkunft führender Industrienationen zu protestieren, ist aber legitim. Hier stellt die Staatsmacht eine Gefahr für die innere Sicherheit dar – nicht die Gipfelkritiker.
In ersten Medienreaktionen war gestern bereits vom „Terroralarm“ die Rede. Allein, diesen Begriff aufgebracht zu haben, ist für die Polizei schon ein großer Erfolg – wen interessiert es denn später noch, ob sie auch belastendes Material vorweisen kann?
Solche Begrifflichkeiten rücken die anstehenden Proteste bewusst in ein bestimmtes Licht. Sind die G-8-Gegner nämlich erst einmal als potentielle Terroristen stigmatisiert, wird in Heiligendamm niemand mehr nach ihren Argumenten fragen – sondern allein danach, wie viele Steine geflogen sind. Und dann hat die Polizei zum Durchgreifen freie Hand.