Ratgeber: Weihnachtssegen
Sonderzuwendungen und Gratifikationen ■ Von Christiane Ordemann
Unter Gratifikationen und Sonderzuwendungen versteht man Leistungen, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern aus besonderen Anlässen wie z.B. Weihnachten, Urlaub, Jubiläen gewährt. Ansprüche auf Gratifikationen sind nicht gesetzlich vorgesehen. Sie ergeben sich aus Arbeits- oder Tarifverträgen, Zusagen des Arbeitgebers und manchmal auch aus Betriebsvereinbarungen.
Anspruch: Häufig behalten sich Arbeitgeber vor, Gratifikationen nur freiwillig ohne Anspruch für die Zukunft zu zahlen. Derartige Vorbehalte müsssen entweder vertraglich vereinbart oder bei Zusage der Gratifikation gemacht werden. Ein Anspruch auf Auszahlung entsteht in diesem Falle erst dann, wenn der Arbeitgeber konkret die Zahlungs-Zusage erteilt hat. Bei dreimaliger vorbehaltloser Zahlung bindet sich der Arbeitgeber auch für die Zukunft. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt bedeutet jedoch keinesfalls, dass einzelne Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund von einer generellen Regelung ausgenommen werden dürfen. Hier gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz.
Kürzung: Beruht die Gratifikation auf einer vertraglichen Vereinbarung, kann sie einseitig ohne entsprechenden Vorbehalt in der Regel nicht gekürzt werden. Bei Sonderzahlungen ohne Bindungswirkung (z.B. 13. Gehalt) kann die Gratifikation anteilig ohne besondere Vereinbarung für Fehlzeiten gekürzt werden, z. B. für Zeiten nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Erziehungsurlaub. Kleinstgratifikationen bis 200 Mark können in keinem Fall gekürzt werden. Bei höheren sind Vereinbarungen mit einem Kürzungsfaktor bis zu 1/60 pro Fehltag zulässig. Bei Gratifikationen mit Mischcharakter, die also zumindest auch die Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnen, kann eine Kürzung nur bei entsprechender Regelung im Arbeits- bwz. Tarifvertrag etc. vorgenommen werden. Die Abgrenzung kann im Einzelfall äußerst kompliziert sein. Hier sollten Sie unbedingt anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen.
Stichtagsregelung: Sonderzuwendungen ohne Bindung sind als echtes Entgelt zeitanteilig auszuzahlen. Bei Zuwendungen mit Bindung kann ein Ausscheiden vor Erreichen des Stichtages grundsätzlich zum Wegfall des Anspruchs führen. Der Arbeitgeber muss hier eine klare und eindeutige Regelung treffen. Eine Bezeichnung als Weihnachtsgeld spricht für den Stichtag Weihnachten. Der Anspruch entfällt dann grundsätzlich auch bei einem betriebsbedingten Ausscheiden des Arbeitnehmers vor dem Stichtag.
Ein Ammenmärchen ist, wenn immer wieder behauptet wird, dass Gratifikationen grundsätzlich bei Ausscheiden bis zum 31. März des Folgejahres zurückzuzahlen sind. In Zweifelsfällen also gilt: Beraten lassen.
Christiane Ordemann ist Fachanwältin für Arbeitsrecht in Bremen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen