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■ Rassistisches mit Öko-EtikettZündelnde Schreibtischtäter

Wissenschaftler sind keine Götter. Warum auch? Sie sind Menschen wie du und ich, leben mit denselben Schwächen, denselben Vorurteilen, denselben Utopien. Und oft, obwohl sie es im Kopf besser wissen müßten, schützt Intelligenz bekanntlich vor Dummheit nicht. Schon den alten Griechen war diese Binsenweisheit ein Begriff. Denn schließlich sind auch Universitätsprofessoren, Privatdozenten und Forscher Kinder ihrer Gesellschaft. Schön und gut. Aber warum müssen manche dieser „Hochschulexperten“ aus ihren Voreingenommenheiten und Unzulänglichkeiten eine Wissenschaft machen? Warum müssen manche den guten Ruf der ach so heiligen, weil allwissenden Alma mata dafür ausnutzen, Pseudowissenschaftliches mit dem Mantel der Seriösität zu umhüllen? Etwa um eine neue gesellschaftliche Wirklichkeit vorzubereiten? Wenn ja, dann stehen uns weit unruhigere Zeiten bevor, als die, die im Zuge der neuentflammten Ausländerfeindlichkeit mit Rostock begannen. Lichterketten allein werden dann nicht mehr helfen können.

Da bezeichnet sich jemand als Jurist, der quasi unwidersprochen verzapfen darf: „Umweltpolitik als nationale Aufgabe [...] ist nicht lediglich Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit, sondern darüber hinaus Erhaltung der natürlichen Grundlagen der Identität eines Volkes. [...] Wir können immer mehr Ausländer nur bei immer mehr Industrieproduktion und immer mehr Ressourcenverbrauch unterbringen und versorgen.

Außerdem haben die Ausländer, die in die Bundesrepublik strömen, sicher kein existentielles Interesse daran, unser Land in einen ökologisch akzeptablen Zustand zu bringen.“ Dietrich Murswiek, Professor für öffentliches Recht in Freiburg und Mitherausgeber einer angesehenen Zeitschrift für Umweltrecht, schreibt dies in einem Aufsatz von 1987. Das CDU-Mitglied jongliert in seinen Vorlesungen bewußt mit den angstschürenden Metaphern „Menschenflut“ und „Identitätsverlust des Volkes“ durch Einwanderung von Fremden. Für ihn lassen sich „Umweltbelastungen“ nur dann rechtfertigen, wenn sie „der Selbstbehauptung der Volkes dienen“.

Ein anderer Vertreter der deutschen Führungselite tut es ihm gleich. „Wenn es um das Überleben der Völker, ja ganzer Regionen und Kontinente geht, werden Demokratie und Individualismus keine Rolle mehr spielen.“ Zu deutsch: Wir brauchen eine Diktatur, sonst gibt es uns bald nicht mehr. Wegen der Umweltkatastrophen, die uns blühen werden, natürlich. Wolfgang Venohr, „Historiker“, vertritt diese Haltung in einem Artikel (Titel: „Der Ökostaat kommt bestimmt“) für die letzte Maiausgabe der rechtskonservativen Zeitschrift Junge Freiheit.

Wem das noch nicht reicht, der kann das Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung besuchen. Dort kann man/ frau eine schier unendliche Latte solcher Zitate aus dem Gruselkabinett angeblich wissenschaftlicher Erkenntnisse und bürokratischer „Notwendigkeiten“ im Umweltbereich einsehen: Äußerungen von bekannten und weniger bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, zweifelhafte, entlarvende gerichtliche Entscheidungen und haarsträubende Begründungen von Ausländerbehörden, die Ausländern mit Öko-Argumenten zum Beispiel die Verlängerung von wichtigen Dokumenten verweigern.

So wollte die Ausländerbehörde Wiesbaden 1990 einem seit 13 Jahren in Deutschland lebenden Iraner die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängern, weil „die hohe Bevölkerungsdichte in der BRD und die hieraus resultierenden Umweltbelastungen [es gebieten], den Zuzug von Ausländern zu begrenzen“. Der Satz spricht gegen sich selbst, jeder Kommentar dazu erübrigt sich.

Öko-Rassismus, das ist keine bloße Formel mit diffamatorischer Absicht. Öko-Rassismus ist mittlerweile bittere Wirklichkeit, die sich noch außerhalb der Mediendebatte abspielt. Menschen wie Murswiek und Venohr sind die modernen Steigbügelhalter einer langsam salonfähig werdenden politischen Richtung.

Daß Argumentationsmuster wie die eben genannten in der etablierten deutschen Politik tabu seien, können nur noch Blinde und Träumer behaupten. So wiederholen bei jeder sich bietenden Gelegenheit früher als „Hoffnungsträger“ ihrer Parteien gehandelte prominente Köpfe wie Friedhelm Farthmann (SPD) und Peter Gauweiler (CSU-Umweltminister in Bayern) Umweltthesen, bei denen einem – nicht nur als sogenannter Ausländer – die Ohren schlackern und sich der Magen zusammenzieht. Mit ihrer Hilfe findet die von rechtsextremen Gruppierungen propagierte „Nationalisierung der Ökologie“ immer mehr Anhänger in der politischen Mitte. Wann beginnt endlich die politische Debatte über diese zündelnden Schreibtischtäter?

Franco Foracel

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