Rassismus in Ungarn: Schlag gegen Rechtsextremisten
Die Polizei verhaftet vier Tatverdächtige. Sie sollen für Anschläge auf die Roma in den vergangenen Monaten verantwortlich sein, bei denen sechs Menschen getötet und mehrere verletzt wurden.
Kaltblütige geplante Morde mit rassistischen Motiven waren die Anschläge auf Angehörige der ungarischen Roma-Minderheit in den vergangenen Monaten. Dessen ist sich die ungarische Polizei nach der Festnahme von vier Tatverdächtigen am Wochenende sicher. Auch der sonst mit solchen Äußerungen vorsichtige Staatschef László Sólyom glaubt, dass die Täter gefasst sind. "Ungarn kann aufatmen".
In einer generalstabsmäßig vorbereiteten Großaktion nahm die Polizei in der Nacht von Donnerstag auf Freitag in zwei Nachtlokalen der nordungarischen Stadt Debrecen vier Männer fest, die dort als Sicherheitsleute beschäftigt waren. Nach der Überstellung der Verdächtigen in die Untersuchungshaft in Budapest trat Polizeichef József Bencze am Sonntag an die Öffentlichkeit.
In den Lokalen sei belastendes Material gefunden worden, das den Verdacht gegen die Festgenommenen erhärte. Eine Schrotflinte, mit der mehrere Anschläge begangen wurden, sei hinter einer Wandverkleidung versteckt gewesen. Jeeps und Karten, auf denen die Dörfer der Opfer markiert sind, lieferten eindeutige Hinweise auf die Täter.
Die verdächtigen Türsteher seien in Ungarns Neonazi-Szene verankert. Mindestens zwei trügen auch einschlägige Tätowierungen. Alle vier leugneten jede Verwicklung in die Verbrechen.
Insgesamt werden ihnen acht Anschläge zur Last gelegt, bei denen sechs Menschen ermordet und mehrere schwer verletzt wurden. Nach dem jüngsten Attentat im Dorf Kisléti, bei dem Anfang August eine Witwe erschossen und deren 13-jährige Tochter lebensgefährlich verletzt wurde, hatte die Polizei eine Belohnung von 100 Millionen Forint (380.000 Euro) für Hinweise ausgesetzt. Eine eigene Roma-Hotline wurde eingerichtet.
Zu den Tätern führte schließlich die Überwachung der Telefone in den Gemeinden, wo die Attentäter vermutet wurden. Mehr als 4,5 Millionen Gespräche seien laut Polizei ausgewertet worden. Die Verdächten seien eine Woche observiert worden. Der Zugriff sei erfolgt, weil man am Wochenende einen neuen Anschlag befürchtet habe. Auf einer Karte sei ein Haus am Rande einer Romasiedlung eingezeichnet gewesen. Dieses habe dem Schema bisheriger Überfälle entsprochen. Zugeschlagen hätten die Täter Sonntag oder Montag, wenn die Nachtlokale Ruhetag haben.
Die Mordserie begann im vergangenen November in der nordostungarischen Gemeinde Nagycséc. Bei Schüssen und Brandstiftung mit Molotowcocktails starben ein Mann und eine Frau. Ende Februar 2009 wurden im Dorf Tatárszentgyörgy südlich von Budapest ein Mann und sein fünfjähriger Sohn erschossen, die aus ihrem in Brand gesetzten Haus zu fliehen versuchten. Im April wurde in der Ortschaft Tiszalök in Nordostungarn ein Rom vor seinem Haus erschossen.
Drei weitere Personen, die gleichzeitig festgenommen wurden, kamen wenig später wieder auf freien Fuß. Sie gelten als wichtige Zeugen. Ob es weitere Mittäter gibt und ob die mutmaßlichen Mörder Kontakte zur rechtsextremen Partei Jobbik und deren paramilitärischen Ungarischen Garde Kontakt hatten, wird noch untersucht.
Die Ungarische Garde rechtfertigt ihre Existenz mit dem Schutz vor "Zigeunerkriminalität". Sie wurde im Juli verboten, wollte aber am Samstag auf dem Budapester Heldenplatz Mitglieder vereidigen. Als die Polizei die Genehmigung verweigerte, musste sie auf ein Privatgrundstück nördlich der Hauptstadt ausweichen. Die Versammlung wurde von der Polizei aufgelöst.
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