Randale im Rollstuhl

Beim Bernd-Best-Turnier in Köln trifft sich einmal im Jahr die europäische Spitze des Rollstuhl-Rugbys

KÖLN taz ■ Einmal jährlich lockt das Bernd-Best-Turnier ein Wochenende lang Rollstuhl-Rugby- Spieler aus aller Welt nach Köln. „Een leuk feestje“, ist es hier jedes Jahr, findet Roland Evers aus Enschede. Mit seinem Team, den „Scorpions“ aus Utrecht, genießt er vor den Spielen in der Sporthalle der Gesamtschule Köln-Höhenhaus noch die Sonne. Seit einem Fahrradsturz vor 14 Jahren sitzt der Hüne mit dem freundlichen Gesicht im Rollstuhl, seit 12 Jahren spielt er Rugby. Am Turnier nimmt er zum fünften Mal teil. Trotz Behinderung wollte er einen schnellen Sport ausüben, für den man wenig Hilfsmittel braucht. Rollstuhlbasketball konnte er wegen seines Handicaps nicht spielen.

„Die Basketballer sind die Stars im Behindertensport. Werfen und dribbeln, das schaffen wir nicht“, bestätigt Guido Heise, Spieler bei den Cologne Alligators und Pressesprecher des Bernd-Best-Turniers. Rollstuhl-Rugby ist die Domäne der so genannten „Tetraplegiker“, Menschen die, häufig durch einen Unfall, vom Halswirbel abwärts gelähmt sind. Je nach Höhe des verletzten Wirbels können sie noch Arme, Hände oder Finger bewegen. Alle anderen Sportarten für Tetraplegiker „Tischtennis, Boccia oder Bogenschießen“, kamen Heise vor wie Beschäftigungstherapie. „Ich wollte nach meinem Motorradunfall etwas tun, was Leidenschaft weckt.“

Mit Leidenschaft und Tempo wird bei den ersten Spielen in der Halle nicht gespart: Die nicht behinderten Schiedsrichterinnen müssen rennen, um mit den Spielern im Rollstuhl Schritt zu halten. Die Halle hallt wider vom heftigen Aneinanderrumpeln der Rollstühle. Antäuschen, wenden, freirollen, das Tempo unterscheidet sich kaum vom normalen Rugby. Ab und zu ist ein Reifenwechsel fällig. Bei den Karambolagen kippt schonmal ein Spieler samt Rollstuhl um und muss von zwei Helferinnen aufgerichtet werden. Als Spieler überwiegen Männer, als Schiedsrichter Frauen. Bis in den frühen Abend wird gespielt, abends trifft man sich zur Party. Am Sonntagmorgen vor dem Finale in der Gesamtschule in Köln-Holweide herrscht die Atmosphäre eines gemütlichen After-Party-Frühstücks: draußen in der Sonne dröhnt Musik, Spieler und Besucher erholen sich vom Feiern. Das Bernd Best Turnier heißt unter Insidern „kleine Europameisterschaft“. Für 2006 haben sich die Chinesen angekündigt.

Der Grill ist angeworfen, Bratwurstgeruch zieht bis in die Sporthallen, wo sich bereits „Cologne Alligators“ und „Berlin Raptors“ in der Amateur-Liga durch die Halle jagen. In der Halle nebenan werden Bauchgurte festgezurrt, Rücken massiert, Hände bandagiert und Füße fixiert. Die Teams aus Belgien und Großbritannien bereiten sich auf das Champions League-Finale vor. ANETTE VON CZARNOWSKI