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Archiv-Artikel

Ralph Siegel – zum allerletzten Mal?

Es war ja schon damals eine fromme Flunkerei: „Das ist mein letztes Lied für den Grand Prix. Wenn es diesmal nicht klappt, weiß ich auch nicht weiter.“ Sagte Ralph Siegel, Komponist von Unterhaltungsmusik seit Anfang der Siebzigerjahre, als er zu seinen Ambitionen gefragt wurde, die er mit seiner Interpretin Corinna May hege. Wie bekannt, ging der Plan recht rüde daneben: Die Bremerin schaffte mit I Can’t Live Without Music am 25. Mai 2002 in Tallinn nur den 21. Platz. Nun hat der Münchner bekannt gegeben, dass er abermals beim Grand Prix antreten werde. „Der Familienrat hat es so entschieden“, teilte er während der Weihnachtstage den besorgten Reportern des Boulevardblatts tz mit. Auch die Interpretin stünde schon fest, aber die dürfe er erst am 13. Januar öffentlich vorstellen, so sei das Reglement. Das klingt schöner, als es ist. Siegel sitzt tatsächlich bereits seit Oktober an einem Song für die Eurovision, den er Freunden gegenüber schon als „Welthit“ ausrief, wenn denn die Zuhörer – am 8. März in Kiel, am 24. Mai in Riga – endlich begreifen würden, dass es einer ist. Und das mit der Interpretin ist auch ein klein wenig an der Wahrheit vorbei: Die gleichen Freunde sagen, er habe noch gar keine: Denn inzwischen gilt ein Engagement durch Ralph Siegel – siehe Corinna May – in der Musikantinnenbranche als sicheres Ticket in die Gefilde der falschen Anteilnahme und des gesellschaftlichen Abstiegs. Das klingt zwar gemein, ist aber wahr. Ebenso wie die Tatsache, dass Ralph Siegel 1982, nach dem Triumph seiner Interpretin Nicole in Harrogate, erstmals schwor, nie wieder am Grand Prix Eurovision teilzunehmen. Diesen Schwur verriet er bis heute etwa neunzehn Mal. Wie sagte Dieter Bohlen doch jüngst im taz-Gespräch über das Handwerk Siegels: „Man hört, dass ein alter Mann versucht, junge Musik zu machen.“