RUSSFILTER: EIN ERFOLG FÜR DIE GRÜNEN UND DIE UMWELTVERBÄNDE : Käufer klüger als der Kanzler
Wer sagt denn, dass Umweltschutz keine Konjunktur mehr habe? Mercedes hatte den Test gemacht und den Käufern seiner S- und C-Klasse die Wahl gelassen: mit oder ohne Rußfilter? Vier von fünf haben sich für den Filter entschieden, und das, obwohl er 600, 700 Euro Aufpreis kostet. Lange hat die deutsche Autoindustrie gezögert, gejammert, blockiert. Nun endlich hat sie die Realität akzeptiert: Bis 2009 will sie alle neuen Dieselwagen mit einem Filter ausstatten.
Diese Entscheidung ist vor allem ein Erfolg der Umweltverbände und der Grünen. Seit Jahren machen sie Werbung für die neue Technik, schärfen das Bewusstsein für die Gefährlichkeit der hauchfeinen Dieselpartikel. Zwar kommt längst nicht mehr so viel Ruß aus einem heutigen Einspritzer-Diesel wie noch vor zehn Jahren aus den herkömmlichen Motoren. Doch sind die feinen Partikel der heutigen Motoren viel gefährlicher als die groben Rußteilchen früher: Sie gelangen bis in die hintersten Verästelungen der Lunge – und töten wahrscheinlich jedes Jahr weit über 10.000 Menschen allein in Deutschland. Rußfilter halten 99 Prozent der gefährlichen Partikel zurück.
Man sollte meinen, dass diese wissenschaftliche Erkenntnis einer rot-grünen Regierung bereits reichen sollte, um aktiv zu werden. Doch das Kanzleramt sorgte sich lange mehr um die Investitionen von VW in die wenig effektiven „innermotorischen Lösungen“ zur Rußminderung als um die Gesundheit seiner Wähler. Es ist beschämend, dass sich die Autokäufer hier weitsichtiger zeigen als der Bundeskanzler.
Trotz allem konnte sich VW-Chef Bernd Pischetsrieder vom Kanzler noch eine kleine Gegenleistung ertrotzen: Auch für seine rußärmeren Kleinwagen, die ohne Filter weniger als 8,5 Milligramm Ruß pro Kilometer ausstoßen, soll es ab 2005 eine Steuererleichterung geben – wenn auch deutlich weniger als für Rußfilter. Sie soll die kleineren VWs als eingeschränkt sauber erscheinen lassen. Doch die Kunden werden sich davon nicht täuschen lassen: Diesel ohne Rußfilter sind schon heute unverantwortlich. MATTHIAS URBACH