RUDOLF BALMER ÜBER DIE AUSFÄLLE VON FRANKREICHS PRÄSIDENT SARKOZY : Gegen Roma und die EU
In Brüssel hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy die letzte Chance vergeben, sich ohne größeren Schaden mit ein paar beschwichtigenden Floskeln aus der Affäre um seine Roma-Abschiebungen herauszureden. Aber es war schon zu viel von ihm verlangt, seinen Innenminister Brice Hortefeux zu desavouieren. Dieser hatte explizit und schriftlich im Auftrag des Präsidenten die Jagd auf die Roma eröffnet. Zudem hat der Macho der EU-Justizkommissarin Viviane Reding empfohlen, sie solle die (in Frankreich als unerwünscht erklärten) Roma doch bitte schön bei sich zu Hause in Luxemburg aufnehmen. Er macht so in bester Populistenmanier Ressentiments zum Spielball der Politik.
Statt sich dann diskret durch die Hintertür zu verabschieden, polterte Sarkozy in Brüssel erst recht ungehalten durch den Haupteingang und zerschlug dabei Geschirr im deutsch-französischen Verhältnis. Er behauptete triumphierend, Bundeskanzlerin Angela Merkel habe ihm verraten, auch sie werde Roma abschieben. Das wurde prompt dementiert. Der isolierte und rechthaberische Sarkozy macht sich auch noch als schmollender Lügner lächerlich.
Für nationale Sonderinteressen hatte es auch Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac zum Konflikt mit Berlin und Brüssel kommen lassen. Damals ging es beispielsweise um Landwirtschaftssubventionen. Sarkozy dagegen sucht aus ganz persönlichen Motiven und innenpolitischen Gründen Streit. Doch hinter Sarkozys Konfrontationskurs steckt auch Kalkül. Seine einzige Chance, bei der Präsidentschaftswahl 2012 wiedergewählt zu werden, besteht nämlich darin, die nationalistischen Wähler bis weit ins Lager der extremen Rechten für sich einzunehmen. Der Konflikt mit Brüssel erlaubt es ihm, die EU-Skepsis für sich zu instrumentalisieren. Skrupel hat er keine, denn die neue Rolle als nationalistischer Volkstribun gegen den Moloch von Brüssel kann sich für seine in den Keller abgerutschte Popularität nur auszahlen.
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