RTL-Thriller "Die dunkle Seite": Schorf und Totschlag

Mit dem Thriller "Die dunkle Seite" tritt Regisseur Peter Keglevic nach dem "Blackout"-Debakel wieder gegen den "Tatort" an (Sonntag, 20.15 Uhr, RTL).

Effizienter lassen sich Qualen nicht in die Länge ziehen: In Berlin wird die Leiche eines türkischen Gemüsehändlers gefunden, der vor seinem Ableben erst mit dem Messer malträtiert wurde, um dann an einem Bauchschuss zu krepieren. Der Tote war für eine privatwirtschaftliche Kampfeinheit im Irakkrieg unterwegs, der Täter dürfte auch aus dem Söldnermilieu stammen - und versteht sein Handwerk. Der Zuschauer jedenfalls hat in dem RTL-Thriller "Die dunkle Seite" heute reichlich Gelegenheit, die präzisen Stiche am blau angelaufenen und madenbedeckten Körper zu inspizieren.

Vielleicht ist der lustvolle Blick auf Schorf und Totschlag ja die einzige Möglichkeit, am Sonntag gegen die Quotenbastion "Tatort" anzutreten. Zumal dieses Wochenende mit der Krimigroteske "Krumme Hunde" auch noch eine Episode aus dem Münsteraner Revier läuft, wo ja stets so einladend zerstückeltes, verkohltes und verwestes Menschenfleisch aufgetischt wird, als handle es sich dabei um die Zutaten für eine Kochshow.

Bislang scheiterten ja alle Versuche, dem ARD-Dauerbrenner mit deutschen Formaten Paroli zu bieten. Regisseur Peter Keglevic hat das deutlicher zu spüren bekommen als jeder andere. Sein sensationeller Krimi-Mehrteiler "Blackout - Die Erinnerung ist tödlich" wurde 2006 bei Sat.1 gegen den "Tatort" ins Rennen geschickt und nach der schlechten Quote des ersten Teils im Nachtprogramm versenkt. Umso bemerkenswerter, dass Keglevic dem Ersten nun noch mal zu Leibe zu rücken versucht.

Mag sein, dass die RTL-Verantwortlichen bei diesem Hasardeurspiel auf die Zugkraft des "Schwarm"-Autoren Frank Schätzing setzen, auf dessen gleichnamigem Kölnkrimi der Film basiert (nächste Woche folgt eine weitere Schätzing-Adaption). Keglevic aber ist dem Inszenierungsstil seines virtuosen Sat.1-Debakels treu geblieben. Gegen das monströse Erinnerungslabyrinth "Blackout" nimmt sich der Neunzigminüter "Die dunkle Seite" zwar extrem überschaubar aus, doch werden auch hier die Figuren in einem Schwebezustand gehalten, der die Identifikation fürs Publikum erst mal schwer macht. Quotenverträglich ist das natürlich nicht.

Da ist zum einen die Privatdetektivin Vera Gimini (Melika Foroutan), die nach einem traumatischen Erlebnis zur kickboxenden Kampfmaschine mutiert und bei ihrem gerechten bis selbstgerechten Wüten schon mal die Grenzen zwischen Gut und Böse aus dem Blick verliert. Und da ist der undurchsichtige Simon Bathge (Misel Maticevic), der der Schnüfflerin einen gefährlichen Auftrag erteilt- und erst nach und nach seine Identität als ehemaliger Söldner offenbart. Foroutan, sonst beim "Kriminaldauerdienst", und "Blackout"-Hauptdarsteller Maticevic schaffen es, dass man trotz einiger mäßig raffinierter Ermittlungsdrehs am Ball bleibt. Der Aufeinanderprall der beiden Extremcharaktere wird zu einem Spiel der Täuschungen und Offenbarungen - gebrochene Knochen und Herzen inklusive.

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