ROBIN ALEXANDER über SCHICKSAL : „So klein wie Ihr Baby – nur billiger“
Wer zu Hause ein tragbares Kind hat, braucht unbedingt auch einen tragbaren Computer
Diese Zeilen wurden nicht auf einem Notebook geschrieben. Das hat Folgen: Ich muss mit diesem Text in einer halben Stunde fertig sein. Dann wacht mein Sohn auf und ich muss aufpassen, dass er nicht erschlagen wird von den Gegenständen, die er aus dem Regal zieht. Bedauerlicherweise habe ich nämlich
1. als superfortschrittlicher neuer Vater gerade Elternzeit genommen. Und
2. meinen alten PC in ein kleines Arbeitszimmer gestellt.
Aus der Nummer mit der Elternzeit komme ich so schnell nicht raus. Aber aus dem Arbeitszimmer.
Die Lösung: Ich werde mir ein Notebook kaufen – einen tragbaren Rechner. Wenn ich so einen habe, kann ich im Wohnzimmer schreiben oder in der Küche. Und im Sommer sogar auf dem Balkon oder – Gipfel der Freiheit – auf dem Spielplatz. Wo immer mein Sohn sich gerade in Gefahr bringt. Ein Traum von Mobilität, nicht wahr?
Leider habe ich von Computern so wenig Ahnung wie vor kurzem noch von Kindern. Computer- und familienerfahren ist Freund Sven. Ich rufe ihn an.
– „Auf diesen Anruf habe ich schon gewartet.“
– „Wieso gewartet?“, frage ich erstaunt.
– „Alle brauchen plötzlich ein Notebook, wenn das Babyjahr angefangen hat“, erklärt Sven. Außer denen, die schon vorher eins hatten. Die brauchen dann ganz schnell ein neues, schnelleres, kleineres oder besseres. Notebookkaufen ist nach Svens Erfahrung ein gängiger Reflex nach ungefähr zwei bis drei Wochen zu Hause. Es muss in den Genen liegen: Zum tragbaren Kind brauchen Männer noch einen tragbaren Computer. Vielleicht wurde deshalb der früher gebräuchliche Begriff Laptop von den Herstellern aufgegeben: Auf dem Schoß der vorbildlichen Väter ist ja kein Platz mehr.
Mindestens ein Drittel aller privat gekauften Notebooks gehen an Zu-Hause-Väter, schätzt Sven mutig. Die Elternzeit ist auch eine ziemlich schlechte Phase, um eins in der Firma zu beantragen.
Liebe Bundesregierung, hier wäre doch eine Möglichkeit, gleichzeitig etwas für das Gendermainstreaming und die Binnennachfrage zu tun. Wie wäre es mit 20 Prozent Laptopzuschlag für Männer, die Elternzeit nehmen?
Ich kann mir auch eine schöne Kampagne des Familienministeriums vorstellen mit dem Slogan: „Den Geschlechterkampf verloren, aber das Notebook gewonnen?“
Elektronikdiscounter könnten werben: „Genauso klein wie Ihr Baby – aber viel billiger.“
Karstadt könnte ein Sonderangebot auflegen: „Notebook kaufen, Kinderwagen umsonst mitnehmen“.
Und Geburtskliniken könnten privat Versicherte locken: „Die ersten Fotos von ihrem Nachwuchs digital und im eigenen Notebook mit nach Hause nehmen.“
So weit ist es noch nicht. Noch müssen die Geräte im Internet bestellt werden und kosten im Angebot ungefähr zwei Monate Erziehungsgeld. Es bieten sich zwei konkurrierende Modelle an:
a) ein I-Pad von Apple.
Mit schönem, rundem Design und ohne Microsoft-Betriebssystem sind sie schwer angesagt.
Sie beeindrucken Arbeitgeber wie junge Frauen und sind in Werbeagenturen genauso angesagt wie auf Anti-Globalisierungs-Treffen. Die Alternative ist
b) ein Thinkpad von IBM.
Sieht nicht rund aus, sondern eckig. Hat außerdem Software, mit der Bill Gates reich wurde. Beeindruckt höchstens die eigene Oma. IBM hat früher Lochkarten an die Nazis verkauft und kürzlich seine Notebook-Sparte an China. Hoffentlich werden die Dinger wenigstens nicht in Arbeitslagern gelötet.
Allerdings gilt so ein Thinkpad als äußerst robust, stoßfest und soll schon mal herunterfallen können.
Und nun raten Sie mal, wofür ich mich entschieden habe.
Tragende Rollen? kolumne@taz.de Montag: Stefan Kuzmany über GONZO