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Archiv-Artikel

RENTENLOCH: AN EINER BEITRAGSERHÖHUNG FÜHRT KAUM EIN WEG VORBEI Gescheitert gemäß der eigenen Logik

Das Rentenloch gähnt, es ist gigantisch tief, Hineinschauen führt auf der Stelle zu Panikanfällen. Hoffentlich erholt sich die Regierung davon bis morgen, wenn sie beschließen wird, woher die Kohle kommen soll. Acht Milliarden! Um die aufzutreiben, reicht es noch nicht einmal, 20 Millionen Rentner damit zu beleidigen, dass ihre Rentenerhöhung um ein halbes Jahr verschoben wird.

Aber ist Rot-Grün „gescheitert“, wie es immer heißt, wenn die Rentenbeiträge über 20 Prozent steigen? Okay, erstens reißt die Koalition dann diese symbolische Hürde mit der 2 vorne. Zweitens steigen dann die Lohnnebenkosten. Und wozu hat man sich die Gesundheitsreform abgerungen, wenn bei der Rente draufgeschlagen wird, was bei den Kassenbeiträgen runter soll? Stellt sich die Frage: Wie katastrophal ist es überhaupt, wenn die Rentenbeiträge steigen?

DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer, nie um eine Gelegenheit verlegen, sich noch unbeliebter zu machen, hat in größter Lakonie gesagt: Es macht nichts, wenn die Rentenbeiträge steigen. Davon, dass sie in den letzten Jahren sanken, hat ja auch niemand was gehabt. Es ist nur redlich, darauf hinzuweisen, dass der Nutzen sinkender Sozialbeiträge nicht erwiesen ist. Die Wirtschaft und die ihr folgende Mehrheit der Volksparteien argumentieren nach wie vor bloß mit der universal einsetzbaren Behauptung: Aber sonst wär alles noch schlimmer!

Zwar ist das auch nicht zu widerlegen. Aber die rot-grüne Regierung hat sich selbst unter den Hammer dieses Totschlagsarguments gelegt, indem sie versprach, die Lohnnebenkosten zu senken. Wenn nun die Rentenbeiträge steigen, hat Rot-Grün nicht nur das Versprechen gebrochen – niemand erwartet von Regierungen etwas anderes. Schwerer wiegt, dass der Kanzler sich grundsätzlich entschieden hat, symbolische, also psychologisch wirksame Lohnnebenkostenpolitik zu machen. Dadurch hat er sich von den Forderungen der Wirtschaft abhängig gemacht und kann dahinter nicht zurück. Wenn die Regierung also die Rentenbeiträge erhöht, ist sie gemäß ihrer eigenen Logik gescheitert. ULRIKE WINKELMANN