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Archiv-Artikel

REINER WANDLER ÜBER SPANIENS STREIK IM ÖFFENTLICHEN DIENST Deutschland wird uns schon retten

Steht Spanien am Beginn einer sozialen Bewegung gegen die Sparpakete, wie sie Griechenland erlebt? Die Antwort lautet: Nein. So hat Spanien in den Jahren des Baubooms einen ernormen sozialen Wandel erlebt. Die Mittelschicht, zu der sich viele Beamte zählen, fühlt sich vor allem als Besitzer. In den Jahren des Baubooms spielten sie alle Monopoly. Jetzt sind sie dank der Zweit- oder Drittwohnung hoch verschuldet. Die Spekulationsblase ist geplatzt. Anstatt durch ständig steigende Wohnungspreise reich zu werden, sind die Immobilien ein Klotz am Bein. Die private Verschuldung liegt in Spanien bei über 200 Prozent des BIP.

Es macht sich eine Mischung aus Fatalismus und einer seltsam anmutenden Erwartungshaltung breit. Nicht etwa die zögerliche Politik der spanischen Regierung, die lange die Krise nicht eingestehen wollte, ist Schuld an der schwierigen Lage des Landes auf den internationalen Finanzmärkten. Es ist Deutschland: Merkel habe bei Griechenland zu lange gewartet. Das habe Spanien mit in die Schuldenfalle gerissen. Viele sehen Deutschland deshalb in der Verantwortung. Außerdem habe es Spanien in den 80ern bei der Aufnahme in die EU schon einmal unter die Arme gegriffen. Das werde es jetzt wieder tun. Schließlich brauche Deutschland den spanischen Markt.

In diesem Diskurs werden die EU-Fonds, die Spanien zu dem machten, was es heute ist, zu einer Art Rechtsanspruch ohne Gegenleistung gemacht. Und selbstverständlich stellt niemand den allgemeinen Spekulationsrausch infrage. Ständig wachsender Besitz ohne Arbeit wurde in den Jahren des Booms zu so etwas wie einem Bürgerrecht. Jetzt wo dieses Trugbild platzt, wird die Schuld im Ausland gesucht und die Lösung auch.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 8