REFORMPAKET: ÜBER DEN ERFOLG ENTSCHEIDEN DIE ARBEITGEBER : Gewonnen haben alle Vermittler
Wer gewonnen hat? Wenn es gälte, dass gewonnen hat, wer am meisten grinst, dann wäre die Union als Siegerin des Vermittlungsverfahrens zu bezeichnen. Eindeutig waren gestern von CDU und CSU mehr Quadratzentimeter Zahnoberfläche in den Medien zu sehen als von der SPD. Kann aber natürlich auch daran liegen, dass die Kanzler-Partei insgesamt eher im Habitus der Verantwortungsträgerei aufgeht und gelernt hat, sich das Lächeln zu verkneifen. Insgesamt ist es natürlich bei dem historisch dicksten Bündel an Gesetzen, das je zwischen Regierung und Opposition beraten wurde, sowieso schwierig zu sagen, welche der Parteien sich durchgesetzt hat.
Trotzdem ist es klar, wer gewonnen hat: die Freunde der Arbeitgeber. Und es ist auch vollkommen klar, wo die sitzen: sowohl bei der SPD wie bei der CDU, bei den Grünen und bei der FDP. Gewonnen haben also: alle Parteien, die mitvermittelt haben. Was zum Beispiel die Frage der Zumutbarkeit von Jobs angeht, so hat die CDU – wie angekündigt – die Abmilderung der Verschärfung wieder aus dem Gesetz herausverhandelt, die SPD- und Grünen-Linke wie Ottmar Schreiner und Christian Ströbele mühsam hineinverhandelt hatten. Bei der Tabaksteuer verkauft die SPD nun als Zugeständnis an die Union, was ihre eigenen Finanzpolitiker ursprünglich selbst wollten.
Und was die Tarifautonomie angeht, die die SPD gerettet zu haben sich nun brüstet: Die hatte überhaupt nichts im Vermittlungsausschuss zu suchen, es gab keinen Gesetzesvorschlag, daher gab’s auch nichts zu retten. Nach demselben Muster hätte die Union – nein, dieses Beispiel ist aus der Luft gegriffen – auch das Verbot der Gewerkschaften fordern können, was die SPD dann als „erfolgreich verhindert“ bejubelt hätte. Allerdings hat der Kanzler in seiner März-Rede ein Gesetz für den Fall angekündigt, dass sich Gewerkschaften und Arbeitgeber nicht auf mehr Lockerheit bei Lohnkürzungen einigen würden.
Der Vorgang ist in allen Fällen der gleiche: Die SPD liefert die Backzutaten, die Union verdoppelt die Mengen und erklärt, alles andere reiche nicht. Der fertige Kuchen wird dann „Kompromiss“ genannt. Bei den „Kompromissen“ von Regierung und Opposition wird nicht das eigentlich Widersprüchliche zusammengebacken. Es geht nur noch um ein Mehr oder Weniger. In jedem Fall aber geben die Arbeitgeber das Ziel vor. Gewonnen hat am Ende die Partei, die von den Arbeitgebern am meisten gelobt wird. Das kann die SPD – „hat sich ordentlich bewegt“ – genauso gut sein wie die CDU – „hat ihre Aufgabe weitgehend erfüllt“. Verloren hat, wer noch darauf besteht, dass es das gibt: widersprüchliche Interessen. ULRIKE WINKELMANN