RECHT AUF TEILZEIT KLAPPT, ENTFRISTUNG DER ARBEIT NICHT: Praxis verlangt Reform der Reform
Ein Gesetz zu basteln, das regulierend in den Arbeitsmarkt eingreift, ist immer eine heikle Sache. Besonders heikel wird die Angelegenheit, wenn den Arbeitgebern dadurch Beschränkungen auferlegt werden, die den Beschäftigten nutzen und neue feste Jobs bringen sollen. Geben die Unternehmen am Ende den Druck der neuen Vorschriften nur nach unten, an die Arbeitnehmer, weiter? Die Auswirkungen des neuen Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge geben auf diese Frage eine erste Anwort: Nur dann, wenn die Unternehmen keine Alternativen haben, wirkt das Gesetz im Sinne der Beschäftigten. Andernfalls verkehrt es sich in sein Gegenteil und schadet denen, die von ihm profitieren sollen.
Die Details sind das Problem. Die Industrie- und Handwerkskammern haben herausgefunden, dass nur zwölf Prozent ihrer Mitgliedsunternehmen „Zurückhaltung“ üben werden, weil nun frisch eingestellte Bewerber eine Teilzeitarbeit verlangen dürfen, wenn sie dem Betrieb möglich ist. Das ist ein niedriger Prozentsatz und betrifft vermutlich vor allem junge Mütter, die nun in Einzelfällen nicht eingestellt werden, weil der Arbeitgeber fürchtet, sie könnten später auf Teilzeit klagen. Dieser mögliche Nachteil wiegt jedoch weniger schwer als der große Vorteil für bereits beschäftigte Mütter, die sich im Erziehungsurlaub befinden: Sie können im Anschluss auf Teilzeit bestehen – eine große Verbesserung.
Anders sieht es bei den Passagen zu befristeten Arbeitsverhältnissen aus. Hier kritisieren die Unternehmer, dass Mitarbeiter, die einmal bei einer Firma befristet angestellt waren, später nie wieder nur mit einfacher Befristung dort beschäftigt werden können. Der Gesetzgeber hoffte, dass die Firma ihm dann eine feste Stelle verschaffen würde. Doch das passiert nicht – stattdessen nimmt der Betrieb einfach einen anderen Bewerber.
Wenn ein Paragraf nach hinten losgeht, muss er geändert werden. Von Pfuscherei kann da keine Rede sein – es ist Feinjustierung für eine ordentliche Arbeitsmarktpolitik. Manchmal zeigt erst die Praxis, was geht und was nicht. Und das ist keine Schande, auch nicht für SPD-Sozialminister Walter Riester. BARBARA DRIBBUSCH
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