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Archiv-Artikel

RAUCHVERBOT: POLITIKER SUCHEN WIEDER NACH KOMPROMISSEN Gegen Tabak hilft nur Tempo

Abgeordnete für Rauchverbote! Seehofer für Rauchverbote! Kanzlerin für Rauchverbote! Immer, wenn es schnell geht, sind die Zigarettenindustrie und ihre Freunde im Parlament schlecht dran. Krankheitszahlen, Todeszahlen, Länderbeispiele mit Qualmverboten, Italien, Irland, Anträge, Arbeitsschutz, peng! peng! peng! So ging es den ganzen Sommer, und der Tabaklobby klang es in den Ohren. Dann hatten es alle Zeitungen berichtet und alle Fernsehsender auch, und das Thema verlor an Fahrt. Die Unionsfraktion, in der Verbündete der Tabakfirmen einige wichtige Positionen besetzen, vertagte sich. Es wurde beraten – und beraten. Und beraten. Die Zigarettenhersteller atmeten durch: Im Kampf ums Rauchen half ihnen wie immer die Zeit. Die Lobbyisten konnten Experten in Stellung bringen, mit Abgeordneten Einzelgespräche führen und eigene hochdifferenzierte Vorschläge ausbreiten. Verzögern und verwäs- sern – seit Jahrzehnten funktioniert es so.

Bis letzte Woche. Da wurden die Rauchverbieter der SPD-Fraktion ungeduldig. Rauchverbotsantrag wird eingebracht! Abstimmung steht bevor! Doch jetzt läuft wieder alles schleppend. Die sozialdemokratischen Tabakgegner können das selbst gewählte Tempo nicht mithalten. Während sie an der Gesundheitsreform werkelten und in Ausschüssen Akten durchblätterten, wurde ihr Verbotsantrag von der Unionsspitze für obsolet erklärt. Weder die Autoren des Antrags noch höhere SPD-Funktionäre meldeten sich, sie verschliefen einen entscheidenden Tag. Stattdessen diktierte munter der CDU-Geschäftsführer: Kompromisssuche, neue Beratungen. Die SPD-Rauchverbieter fügten sich: Lieber ein sicherer Kompromiss als eine riskante Kraftprobe im Bundestag. Seit gestern wird wieder verhandelt. Und verhandelt. Und verhandelt.

Je länger nun nach einem neuen Kompromiss gesucht wird, umso weniger Nichtraucherschutz kommt am Ende heraus. Wer die Beschäftigten in der Gastronomie vor Krebs schützen will, vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Früh- und Fehlgeburten, kommt nur mit der gegenteiligen Strategie ans Ziel: Tempo, Tempo, Tempo! GEORG LÖWISCH