RANWUMMSEN : Kurz vor Krise
Ranwummsen wird vermutlich schon im nächsten Wahlkampf als Standard-Tool zur Stimmengewinnung herangezogen werden. Im Internet ist ja nix zu holen, man muss an die Leute ran. Auch an die diffuse Zielgruppe der Raver. Ranwummsen meint, sich per basslastige Musik an diese ranzuwamsen. Niemand beherrscht das besser als H. C. Ströbele und seine stachelige Jugend, die am Samstag sympathische Techno Djs auf eine Friedrichshainer Kreuzung stellte und erschreckend ironiefrei Sonnenblumen, Kekse mit grünem Kreuz und Brausepulver verschenkte und sich und die anwesenden Kinder am Schminkstand bemalte.
„Krise wegraven“ heißt das, wenn der alte Mann von der Drogeninfo-Gruppe Grundgesetze verschenkt, Kinder neben Druffis tanzen und Ausländer lecker Falafel zubereiten. Alles immer zum Beat, der so laut ist, dass auch der Sandalen tragende Friedrichshainer mal nach dem Rechten guckt und messen lässt, ob die erlaubte Lautstärke auch eingehalten wird. Hunde, Jongleure und Politik-Performer mit der obligatorischen 90er-Grünen-Wahlkampfausrüstung – der Gasmaske – treffen sich zwischen Info- und Eisstand und tanzen ordentlich einen auf.
Deswegen spricht MC H. C. Ströbele auch schnell: „Ich will euch gar nicht lange stören.“ Natürlich spricht er über das, was so angesagt ist. Clubs entlang der Spree müssen bleiben, der RAW-Tempel auch, die Mieten dürfen nicht teurer werden und die guten Drogen sind voll okay. Dann noch schnell das absehbare „Gebt das Hanf frei“ hinterher, und fertig ist die Laube. 60 Euro Tantiemen für den Remix dieses Zitates soll der grüne Politiker im letzten Jahr erhalten haben, erzählt man sich an der Bar und dippt nochmal vom Brausepulver. „Verstehst du jetzt, warum ich nicht wählen gehen kann? Ich will mir einfach nicht die Finger schmutzig machen“, hört man und denkt: Ja. LAURA EWERT