RAINER SCHÄFER RADIKALE WEINE :
Sein Boden leuchtet knallrot, er fällt steil nach unten ab, wo der Rhein entspannt sein Wasser vorbeischleust. Der Rote Hang ist ein Coup der Natur, einer der eigenartigsten Weinberge im Land. Dramatisch baut sich dieser Monolith auf zwischen den Dörfern Nackenheim und Nierstein in Rheinhessen. „Den Roten Hang“, sagt Carolin Spanier-Gillot, die das Weingut Kühling-Gillot in Bodenheim leitet, „erkenne ich auch mit verbundenen Augen.“
In der Sommerhitze rieche es nach wilden Kräutern, die rote Erde verströme ein markantes süßliches Parfum. Weil der Hang wie eine Rutsche abfällt, hat sie sich angewöhnt, bei der Ernte seitlich auf der Erde zu liegen, über sich die Trauben und die Sonne, unten der Rhein. Ihr Mann Hans Oliver Spanier schwänzte öfter mal die Weinbauschule und fuhr lieber mit einem alten Geländewagen durch den Roten Hang: Der habe „etwas Magisches“, das ihn schon immer angezogen habe. Auf dem roten Tonschiefer können große Rieslinge entstehen, der Boden ist so karg, dass die Reben sehr tief wurzeln müssen, um an Nahrung und Mineralien zu gelangen. Extreme Bedingungen für besondere Weine.
Das Winzerpaar arbeitet ökologisch im Weinberg und schonend im Keller, sie wollen den Boden im Wein schmeckbar machen, „die Frucht ist der schöne Schein, die Aromen der Steine aber verleihen dem Wein Tiefe“, sagt Carolin Spanier-Gillot. Der Nackenheim Riesling zeigt eindrucksvoll seine Herkunft: Die rauchige Würze und feinen Schieferaromen treten in ein genussvolles Spiel mit einer lebendigen Säure, die den cremigen Kern umzieht. Ein erhabener Riesling, wie der Rote Hang, auf dem er wächst.
■ Nackenheim Riesling 2013, Weingut Kühling-Gillot, 16,50 Euro, Bezug über www.kuehling-gillot.de