■ Querspalte: Hund und Katz, Hinz und Kunz
Eine alte Regel lautet: Wenn Politikern überhaupt nichts mehr einfällt, grabschen sie sich kleine Kinder oder Tiere. Zum Glück ist das öffentliche Kinderknutschen in den westlichen Demokratien aus der Mode gekommen, weil Stalin und Hitler es allzu exzessiv betrieben haben. Doch politischer Mißbrauch von Tieren ist leider immer noch nicht geächtet. Getreu dem Erfolgsrezept: Mit Hund und Katz für Hinz und Kunz.
Generalsekretär Peter Hintze hat gestern eine CDU-Herbstkampagne für mehr Tierschutz vorgestellt. Die Union will im Namen der gequälten Kreatur Flugblätter verteilen und Plakate kleben. Welche anderen Möglichkeiten stünden einer Regierungspartei sonst auch zur Verfügung? Alle CDU-Gemeinden sollten Schilder aufstellen mit der Aufschrift: „Tierquälen verboten! Die Bundesregierung.“
Das ganze verheuchelte Tiertheater wäre eigentlich nur ein müdes Grinsen wert, wenn Hintze diese Sommerlochfüllmasse alleine breitgetreten hätte. Doch ein zweiter Tierfreund fühlte sich berufen, die Kampagne vorzustellen: Jochen Borchert. Der Landwirtschaftsminister gab sich sehr besorgt. In Deutschland gebe es „Tierquälerei übelster Form“. Besonders verwerflich seien Hundekämpfe. Hoffentlich wird das alle Hundeschinder zur Einkehr bringen.
Seltsamerweise vergaß Borchert, daß es ein paar Tierschutzprobleme gibt, die irgendwie mit seinem eigenen Ressort zu tun haben. Über 26 Millionen Schweine, 96 Millionen Hühner und viele andere Tiere werden unter Bedingungen gehalten, die kein Lude jemals seinem Kampfhund zumuten würde. Doch Borchert weiß es besser: Deutschland habe das weltweit strengste Tierschutzgesetz.
Der Repräsentant der Massentierhalter posiert als Franz von Assisi. Das ist ungefähr so originell wie die alte Buttermilchreklame mit Harald Juhnke. Mal sehen, wann Saddam Hussein eine Menschenrechtsinitiative startet. Michael Miersch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen