■ Querspalte: Taubenkot macht Dinge tot
Sie sind sanft, so sanft. Die Friedensbewegten klebten sie auf Autos und Räder – weiß auf blauem Grund. Verliebte schnäbeln und turteln nach ihrem Vorbild – schmatz. Und Gourmets schätzen ihre zarten Brüstchen – schmatz, schmatz ...
Auch die Magier ziehen gern mal ein, zwei, drei aus dem Ärmel. Wenn Olympische Spiele eröffnet werden, flattern sie zu Hunderten in den Himmel. Pünktlicher und schneller als die Bundespost liefern sie Briefe aus. Im proletarischen Milieu des Ruhrgebiets werden sie gehegt – als „Rennpferde des kleinen Mannes“.
Dumm ist nur: Tauben scheißen. Noch dümmer: Viele Tauben scheißen viel. Und das ätzt. Da trifft sich's gar nicht gut, daß sich Tauben vermehren wie Karnickel. Denkmalschützer jammern, Hausbesitzer klagen, Wageneigner schimpfen – der säurescharfe Kack zerfrißt alles, was unter die Taube kommt.
Abhilfe tut not vorm Taubenkot. Die Tierärztliche Hochschule Hannover hat nun eine „Anti-Taubenküken-Pille“ entwickelt. Einfach nur pick, pick, pick die maiskorngroßen Kügelchen genascht, und schon sind Herr und Frau Taube unfruchtbar, soviel sie auch vögeln mögen. Voll politisch korrekt sind beim Feldversuch in Berlin-Kreuzberg ABM-Tierärzte beteiligt, Tierschützer sowieso.
Das klingt gut, richtig gut sogar. Aber, nur mal so gefragt: Wer kümmert sich um die Seele der Taube? Wo ist der Freudsche Ansatz von Libido und Sublimierung? Es ist nämlich so, daß die Tierchen, wenn der Sextrieb weg ist, fressen wie verrückt. Fett werden sie und immer fetter. Könnte es sein, daß demnächst Kreuzberg von wildem Knallen erbebt – wenn die dicken Tauben platzen?
Wäre nicht, nur so als Vorschlag, diese Variante die humanere, Verzeihung: tierischere. Also: Ein Taubenbeauftragter nimmt den Tieren stets die frischen Eier weg, legt solche aus Gips unter – und die dussligen Vögel brüten vier, fünf Wochen ohne Folgen. Wäre dies nicht eine sinnvolle Beschäftigung für, einfach mal Antje Vollmer gefragt, entlassene, junge Staatssekretäre u. ä.? Herr Thömmes
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