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■ QuerspalteDas Pferd von Winnetou

Unsere Mütter haben uns immer gewarnt, etwas von fremden Männern anzunehmen. Doch dieser nette Onkel hier am Bahnhof kommt von der CDU, hat seinen Hosenstall unter Kontrolle und bietet einem keine Trüffli an, sondern Kugelschreiber und eine Wahlkampfzeitung. Da kann man die gute Kinderstube steckenlassen. Alle, die sich dennoch nichts von Christdemokraten schenken lassen, haben erstens zuviel Geld, zweitens eine Paranoia – die Union ist eine ziemlich demokratische Partei mit einem ganz normalen „Führerkult“ (Heiner Geißler) – und drittens einen prickelnden Fotoreport der Berliner Rundschau versäumt.

Hierin geht es um das Fahrzeug, mit dem Eberhard Diepgen seinen Wahlkampf bestreitet: „Ebi gibt Gas in einem knallbunten Mobil. Um möglichst schnell bei seinen Bürgern zu sein, hat Häuptling Großer Bär dieses Fahrzeug gewählt. Gewiß, er hätte ja auch das Pferd von Winnetou oder Old Shatterhand ausleihen können.“ Sofort weiß der Wähler, daß er es nicht mit einem infantilen Blödmann, sondern mit dem kundigen Sachwalter einer Weltstadt zu tun hat. Das „Diepgen-Mobil“ ist folglich „die Verwirklichung einer gut durchdachten Idee; Stromaggregate, Klimaanlagen, eine Solaranlage, eine ausfahrbare Markise und eine Warmwasserzentralheizung“. Sollten die Bösen am Sonntag doch gewinnen, käme Diepgen zugute, daß das „Mobil“ sogar „fährt“, und zwar „bis zu hundert Kilometern in der Stunde“. Selbst im Kieferndickicht jenseits der Stadtgrenze hielte dann „Ebi“ die Fäden fest in der Hand, denn da ist ein leistungsstarkes „CD-Regal im Bus“, und, kaum zu fassen, „die Stereoanlage ist an zwei Boxen angeschlossen“, mit denen Diepgen „Joe Cocker und Essential Classics“ gegen die Bösen beziehungsweise die Tiere des Waldes einsetzen könnte.

„Ebis“ Autarkie-Idyll hat nur einen Haken: „Die Abwässer“ des Regierenden Bürgermeisters „werden auf dem Rasthof Avus direkt entsorgt“. Tja, dabei könnten die Bösen den Großen Bären dann wohl schnappen. Mit offener Hose womöglich. André Mielke

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