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■ QuerspalteEin Mensch als Pferd

In Menschenjahren gerechnet wäre er hundert gewesen – und so muß man es wohl auch zählen: Red Rum war mehr als ein Pferd, er war eine Institution. Er kam am 3. Mai 1965 im Gestüt Rossenara in der irischen Grafschaft Kilkenny zur Welt. Im Alter von sieben Jahren wurde er bei einer Auktion im englischen Doncaster an Noel Le Mare verkauft, der das Tier an Ginger McCain zum Training übergab. Ein Jahr später gewann Red Rum zum ersten Mal das berüchtigte Grand National in Aintree, der weltweit wohl schwierigsten Rennstrecke bei Liverpool. Auch 1974 holte er sich die Trophäe und gewann 1977 zum dritten Mal. Das hat kein anderes Pferd geschafft.

Danach begann für ihn der Ernst des Lebens. Er reiste durch das Land und eröffnete Supermärkte und Wettbüros, stand auf der Bühne, fuhr Fahrstuhl und trat bei Wohltätigkeitsveranstaltungen auf. Einen Termin verpaßte er jedoch nie: Jedes Jahr führte er die Parade in Aintree an, wo eine lebensgroße Statue an ihn erinnert. „Er konnte toll mit Menschen umgehen“, sagte Phil Harrison, sein Stallbursche. Nur einmal hat er jemanden getreten – einen Polizisten. Der nahm es nicht krumm: „Wenn man schon getreten wird, dann wenigstens von Red Rum“, sagte er.

Zu seinem 30. Geburtstag im vergangenen Mai hatte McCain dem Pferd eine Karottentorte gebacken, zu der Feier reisten Jockeys und Pferdenarren aus allen Ecken des Vereinigten Königreiches an. Dabei hatte man seinen Nachruf eigentlich schon 1992 geschrieben, nachdem er mit einer Kolik zusammengebrochen war. Doch als man ihn einschläfern wollte, erholte er sich plötzlich wieder. Der Postbote hatte säckeweise Genesungswünsche angeschleppt. Vorgestern blieb die Wunderheilung aus: Red Rum erlitt einen Kreislaufkollaps, und diesmal wurde er eingeschläfert. „Der alte Knabe hatte ein wundervolles Leben und war mein bester Freund“, sagte McCain. Am Abend hat man Red Rum genau unter der Ziellinie in Aintree begraben. Diese Ehre wird nach ihm wohl nur noch Emil Zatopek zuteil. Ralf Sotscheck

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