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■ QuerspalteDie Schotten sind feige

Sie haben uns zum Narren gehalten. Jahrhundertelang haben die Schotten an dem Mythos gestrickt, sie seien ein sparsames, aber tapferes Volk. Und dann so etwas: Sie lassen sich von einem Deutschen umgerechnet vier Millionen Mark abknöpfen, um freie Bürger und Bürgerinnen zu werden. Dafür sind die 63 Bewohner der Hebrideninsel Eigg sogar in England (!) betteln gegangen.

Dabei wäre es ein leichtes gewesen, diesen merkwürdigen letzten deutschen Feudalherrn loszuwerden, der sich die Insel vor 15 Monaten mitsamt den Bergen, Seen, Häusern und Menschen unter den Nagel riß. Gut, der Stuttgarter Marlin Eckhard, der sich Maruma nennt, ist zwei Meter groß und sieht mit seinen langen Haaren und der alten Baskenmütze wie ein Krieger aus. Aber dahinter steckt ein Künstler, der sich mit falschem Professorentitel schmückt und seine Feuergemälde an Marlon Brando, Indira Ghandi und Altbundeskanzler Helmut Schmidt verkauft haben will, die in Wirklichkeit noch nie etwas von Maruma gehört haben. Feuerkunst können die Eiländer allemal besser als Maruma: Keith Schellenberg, dem Vorbesitzer der Insel, fackelten sie den Rolls-Royce ab. Das war aber auch der einzige Akt der Rebellion.

Wo ist der Geist von William Wallace, der im 13. Jahrhundert dem englischen König Eduard I. Paroli bot? „Braveheart“ nannten sie ihn. Weit kann es heute damit nicht mehr her sein: Die Titelrolle in dem gleichnamigen Monumentalfilm wurde von Mel Gibson gespielt, der garantiert kein Schotte ist. Offenbar hat man im ganzen Land niemanden gefunden, der den Part übernehmen konnte. Es gibt in Schottland nur noch Krämerseelen, die Eduard den Sieg in der Schlacht bei Sterling 1297 vermutlich abgekauft hätten.

Wenigstens ein Vorurteil läßt sich bestätigen: das Vergnügen am Whisky. Seit Donnerstag fließt er auf Eigg reichlich. Die Bewohner feiern, daß sie den Feudalismus auf ihrer Insel per Geschäftsabschluß beendet haben, während anderswo Bauernkriege dafür nötig waren. Ralf Sotscheck

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