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■ Warum nur, warum?

Der Frühling ist da, die Sonne scheint, und ganz Deutschland befindet sich im Wahlfieber. Ein Thema beherrscht den öffentlichen „Diskurs“: die Sozialwahl. Millionen Wahlzettel wurden verschickt. Auch an mich vor vier Wochen. Warum nur, warum, dachte ich. Dann fiel mir ein, daß ich damals – als neumodische Sperenzchen wie Einheit, Mauern im Herzen, die zusammenwachsen wollen, und Mach3-Rasierer mit nachweislich weniger Hautirritationen noch nicht einmal angedacht worden waren – einmal als studentische Hilfskraft gearbeitet hatte.

Möglicherweise hat es auch damit zu tun, daß ich immer noch aus irgendwelchen Gründen in der ÖTV bin (wenngleich ich es irgendwie schicker fände, bei der GdP zu sein – am ersten Mai imponiert mir nämlich immer am meisten der Demoblock der Polizei). Jedenfalls darf ich zum ersten Mal bei der Sozialwahl mitwählen. Um die Notwendigkeit dieser Wahl zu versinnbildlichen, hat sich ein mutiger Mann eine Kröte in den Mund gesteckt, weil: „Wir haben schon genug Kröten geschluckt.“ Für ihn mag das gelten – ich selber habe jedoch noch nie „Kröten“ geschluckt!

Das wäre auch ungesund. Man soll sich Zeit nehmen beim Essen und die Speisen ordentlich zerkauen, wie die Freunde, die aus ihren Kindertagen berichten, daß es bei ihnen als ehrenvolle Mutprobe gegolten hätte, einen kleinen Frosch zwischen zwei Brötchenhälften zu tun und dann Guten Appetit. Diese Freunde sind jedoch gar nicht im öffentlichen Dienst, um dessen arbeitnehmerliche Vertretung es meines Wissens bei der Sozialwahl 1999 geht, und dürfen also gar nicht wählen. Wie auch immer. Wahrscheinlich bekommt VWA, der „Verband der weiblichen Arbeitnehmer“, meine Stimme, wenn keiner mehr bietet.

Frauen sprechen übrigens ein „deutlich reineres Deutsch“, hat der Sprachexperte Professor Walter Krämer herausgefunden. Die größere Sprachbegabung kann ich bestätigen. Meine Lieblingsreime kommen von meiner Nichte Jenny („Sag mal Tomate – dein Pimmel kann Karate“) und von Senja aus Kreuzberg: „Weißt du, wie ich heiße – Hans-Joachim Scheiße/ weißt du, wo ich wohne/ in der Quietschkommode.“                              Detlef Kuhlbrodt

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