QUERSPALTE: O-Mann-O-Manni
■ Ein Fußballgreis entscheidet deutsch-deutsches Duell
Was hatten wir ihn gescholten! Vor fünf Wochen, als Werder Bremen das Europacup-Hinspiel bei Dynamo Ost-Berlin so kläglich 0:3 verloren hatte, war Bremens Mittelstürmer-Greis Manni Burgsmüller (Jahrgang 1949) der allerkläglichste. Der älteste aktive Profifußballer Gesamtdeutschlands hatte im Spiel weniger Ballkontakte als die Eckfahnen. Burgsmüller nutzte die Zeit bis zum deutsch-deutschen Rückspiel am Dienstag abend in Bremen zur nochmaligen Reife. Kurz vor dem Eintritt ins Nirwana des 40.Lebensjahres reinkarnierte der Ball-Opa, streifte den Kokon der Senilität nochmals ab, katapultierte sich nach 71 Minuten flunderflach über den Rasen und stirnte das alles wendende vierte Tor beim letztlich sensationellen 5:0-Sieg ins Ostberliner Netz. Schon vor 20 Jahren, als viele der heutigen taz-LeserInnen noch in die Hose machten, schoß Burgsmüllers Manni, meist guerillahaft aus dem Nichts kommend, Tor um Tor. Nationalspieler wurde er nie – zur WM 1978 nach Argentinien durfte er nicht mit, weil er eine eigene Meinung zu Videlas Foltergenerälen hatte.
Heute ist der Fußballrentner im nachzeitigen Unruhestand ein Hoffnungsträger gerade unserer frühen Nachkriegsgeneration. Er hält sich an keine Regel (trau keinem über 30), ignoriert die Biologie (Altern als theoretische Erscheinung) und bricht Konventionen (noch im Torschrei kaut der Langhaarige lümmelig auf seinem Kaugummi herum). Burgsmüller, der triumphale Jungbrunnen, ein Typ, neben dem die heute üblichen Fußball-Yuppies wie Rummenigge, Illgner und Klinsmann wie patschige Babies erscheinen. Burgsmüller zelebriert Fußball als zeitgeistkonträre Kunstform – gebt ihm einen Vertrag bis 2000.
Bernd Müllender
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