QUERSPALTE: Aktion der Mutlosen
■ Statt »Pinguin-Klatschen« lieber mit Löwen kämpfen?
Der erste nächtliche Überfall von Jugendlichen auf Schafe, Störche und Pinguine hat bereits Nachahmer gefunden. Im Bürgerpark Pankow wurden einem Pfau der Kopf abgehackt und Fasane gestohlen. Stolz können die Tierkiller auf ihre nächtlichen Taten allerdings nicht sein. Wer wehrlose Tiere solange gegen Wände klatscht, bis sie tot sind, beweist statt Mut das Gegenteil — Feigheit.
Der fehlende Mut unterscheidet das »Pinguin-Klatschen« vom S-Bahn-Surfen. Um der Langeweile zu entgehen, setzten die Surfer ihre eigene Gesundheit und ihr eigenes Leben aufs Spiel — und nicht das von Tieren, die sich nicht wehren können. Nun ist auch das S-Bahn-Surfen nicht sonderlich nachahmenswert. Wenige Minuten Nervenkitzel lohnen einfach nicht, wenn man dabei sein Leben oder auch nur einen Arm verlieren kann. Deshalb ist das Mitsegeln an der Tür einer S-Bahn inzwischen »out«. Diese Einsicht kam spät — die Mutprobe hatte bereits mehrere Todesopfer gefordert. Wer meint, nachts über Zoogitter steigen zu müssen, sollte sich wenigstens adäquate Gegner suchen, wenn in ihm auch nur ein Fünckchen Mut steckt — wie wär's mit einem Einbruch in den Löwenkäfig, einem Sprung in die Schlangengrube oder einer Kraftprobe mit einem Nashorn? Der Moment, in dem dann etwa die Raubkatze zum Sprung auf den nächtlichen Besucher ansetzt, wäre genau der richtige Zeitpunkt zum Nachdenken, ob es außer dem Kampf mit Dschungeltieren in dieser Stadt nichts anderes gibt, um der Trostlosigkeit des Alltags zu entrinnen. Dirk Wildt
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