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Archiv-Artikel

■ Reaktionen zu Klingelschmitt und Rutschky Puschelhund Schöngeist geht Gassi

betr.: „Lob des Imperiums“, Schlagloch von Michael Rutschky, taz vom 16. 4. 04

Ich weiß jetzt, dass die meisten Ostdeutschen in der DDR Kader waren und einen tiefen Hang ins Nationale besitzen, über den man sich gar nicht genug amüsieren kann. Man selbst ist ja schon weiter, liegt justament und zu Unterhaltungszwecken geistig mit dem Großmachtchauvinismus im Bett.

Jetzt fange ich auch an zu verstehen, warum Nationalismus für manche westlichen Intellektuellen so degoutant ist und darum vorzugsweise an denen als geringer und „kleiner“ diagnostizierten ostdeutschen Kadern festgestellt wird. Nicht etwa weil er auch eine Gefahr sein könnte, sondern weil er einfach nicht groß genug ist. Ein Imperium, das ist o.k., da findet sich die eigene vermutete Weltoffenheit, mit Potenzmitteln und anderen Waffen etwas härter gemacht, doch prima wieder. Ja, ja, der Krieg ist der Vater aller Dinge, warum nicht auch der Papa unterhaltsamen Sinnierens über Sinn und Unsinn des Widerstandes gegen imperiale Machtpolitik nebst kleinen Bildungsornamenten.

Vor allem aber ist mir eines mal wieder klar geworden: Wenn Leute auf dem Boulevard der Intellektuellen ihren Puschelhund namens Schöngeist Gassi führen, dann geht es um nichts anderes, als dass jeder von ihnen eine Großmacht für sich sein will. Auch Herr Rutschky will Hegemon sein im Land des Feuilletontainments. Andauernd geht es um seine Irritation, sein Befremden, sein Verwundern. Nicht mal Fragen will man mehr mit anderen Zeitgenossen teilen. Daher kommt die Affirmation mit Imperien – man darf nicht im Kleinen verharren, das macht selbst ohnmächtig und klein, das überlässt man den dummen Friedensfreunden oder nationalistischen Idyllikern. Das muss eine Männerkrankheit sein, dass sie alle sofort mehr oder weniger stilvoll und mit mehr oder weniger Vehemenz anfangen, die Großmacht anzubeten. […] MAGDALENE GEISLER, Berlin