Prozessposse um Peilsender

Vorm Amtsgericht Bad Oldesloe geht das Innenministerium Schleswig Holstein baden, weil es die Besitzverhältnisse eines Peilsenders nicht belegen kann. Klage gegen Observationsopfer auf Herausgabe als unbegründet abgewiesen

Schallende Ohrfeige für das Kieler Landeskriminalamt (LKA): Die Klage des schleswig-holsteinischen Innenministeriums gegen den 25-jährige Antifa-Aktivisten Daniel Schenk (Name geändert) auf Herausgabe eines Peilsenders oder auf Schadensersatz in Höhe von 2.500 Euro ist vom Amtsgericht Bad Oldesloe als unbegründet abgewiesen worden. Für Richterin Katja Krebs war unklar, ob das „Ortungsgerät staatlichen Ursprungs“ ist. „Was ich hier habe, reicht nicht aus“, sagte Krebs „Der Klage fehlt es schon an der Voraussetzung.“

Im Frühjahr 2007 hatte die Bundesanwaltschaft gegen Antifa-Aktivisten wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Um Schenk jederzeit orten zu können und ein Bewegungsprofil zu erstellen, war ein GPS-Sender an seinem Auto angebracht worden. Als Schenk den Peilsender bemerkte, hatte er die Anwältin Britta Eder eingeschaltet und den Sender vor der taz-Redaktion in Hamburg abgebaut und übergeben (taz berichtete).

Auf eine Anfrage Eders hatte das Kieler LKA geantwortet, vom Einsatz eines solchen Senders nichts zu wissen. „Das Gerät konnte jeder Nazi, Spinner oder staatliche Behörde angebracht haben“, sagte Anwalt Axel Hoffmann „Ihre Beamten, die meinen Mandanten observiert hatten, haben beobachtet, wie der Sender abgebaut wurde“. Spätestes dann, befand auch Richterin Krebs, hätte sich das LKA als Besitzer zu erkennen geben müssen. „Der gewünschte Ermittlungserfolg war ohnehin nicht mehr gegeben“, so Krebs.

Die Anwältin Eder habe zwar dem LKA einen Brief geschrieben, „Herr der Ermittlungen“ sei jedoch die Bundesanwaltschaft gewesen, sagte vor Gericht die Justiziarin des Innenministerium, Dörte Kloss, über die Geheimhaltungspolitik. Akteneinsicht gewähre die Anwaltschaft, „so funktioniert das System“, sagte Kloss. „Für ein Eigentum des LKA gibt es keine Hinweise“, konterte Krebs und schmetterte die Klage ab.

Die gestrige Verhandlung war für einige Zuschauer ein Happening. „Schule heute? Gericht ist wichtiger!“ dachten sich wohl einige. „Ein ärztliches Attest hole ich mir später“, sagte ein Teenager. Von dem Besucherandrang war das Gericht überrascht. Vor der Tür des Saals 122 mussten die ausharren, die drinnen keinen Platz mehr bekommen hatten. Ein leises Kichern kam immer dann auf, wenn Richterin Krebs auf die fehlenden Besitzbestätigung hinweist. Grinsend verfolgten die meist jungen Besucher die 15-minütige Verhandlung. Nur einer im Publikum lächelte nie: ein Beobachter der Bundespolizei. „Vielleicht, weil seiner Behörde der Sender gehört“, fragte sich ein Jugendlicher. „Oder auch nicht“, scherzte ein anderer.

KAI VON APPEN / ANDREAS SPEIT