: Prozess wegen Folterandrohung
betr.: „Folterandrohung kommt vor Gericht“, taz vom 23. 6. 04
Die von Heide Platen wiedergegebene Begründung der Staatsanwaltschaft Frankfurt, „Aussageerpressung liege nicht vor, weil es den Beamten nicht primär um das Geständnis, sondern um die Rettung des Kindes gegangen sei“, ist so nicht tragfähig: Denn § 343 StGB, der den Verbrechenstatbestand der „Aussageerpressung“ regelt, bedroht schon denjenigen Amtsträger mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, der die Folterankündigung begeht, um den Genötigten dazu zu bewegen, „in dem Verfahren etwas auszusagen oder zu erklären“, also eine möglicher Auswertung dienende Bekundung abzugeben. Die Ausageerpressung muss lediglich „im Rahmen des Verfahrens“ erfolgen und im „Zusammenhang“ mit diesem stehen, beides ist vorliegend evident gegeben. Zur subjektiven Tatbestandserfüllung wird nur „bedingter Vorsatz“ (dolus eventualis, Eventualvorsatz) vorausgesetzt, eine nach der Cramer’schen Formel anschaulich mit „na, wenn schon“ umschriebene Haltung des Täters hierzu. Hinzutreten muss die Absicht des Täters, zu nötigen, mehr nicht. Und genau darauf kam es Herrn Daschner an.
Eine weitergehende Absicht, „primär ein Geständnis zu erlangen“, ist weder dem Gesetz noch den Kommentierungen zu entnehmen. Das angerufene Landgericht Berlin muss diese begünstigende Präjudizierung durch die Staatsanwaltschaft jedoch nicht übernehmen, es ist vielmehr nach Recht und Gesetz gehalten, das Hauptverfahren gegebenenfalls abweichend von der Anklageschrift zu eröffnen oder einen rechtlichen Hinweis gem. § 265 StPO zu erteilen, dass nach der Sachlage auch eine Verurteilung wegen Aussageerpressung in Betracht kommt. Damit ist jedoch, nachdem Roland Koch u. a. mehr als bloßes „Verständnis“ für die nach nationalem und internationalem Recht denkbar streng verbotene Folterandrohung äußerten, nicht wirklich zu rechnen … MICHAEL DEIKE, Berlin