Prozess gegen Immobilienbetrüger: Anleger um 14 Millionen Euro geprellt
In Frankfurt am Main beginnt ein Mammutverfahren gegen Händler von Schrottimmobilien. Die Betroffenen werfen auch den Banken eine Mitschuld vor.
FRANKFURT/MAIN taz | Am Dienstag beginnt vor einer Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Frankfurt am Main ein Mammutverfahren gegen 14 Angeklagte, denen die Staatsanwaltschaft in Darmstadt Betrug und Urkundenfälschung in 106 Fällen vorwirft. In dem aus Platzgründen vom Landgericht Darmstadt - dort sind die Verhandlungssäle zu klein - nach Frankfurt verlegten Prozess geht es um den Handel mit Schrottimmobilien.
Die angeklagten Immobilienmakler und Notare vornehmlich aus Wiesbaden, Hanau und Rüsselsheim sollen über Jahre hinweg und "bandenmäßig organisiert" nahezu wertlose Immobilien vor allem in Ostdeutschland zu weit überhöhten Preisen an um Kredite nachsuchende Personen verkauft haben, so der Vorhalt der Staatsanwaltschaft. Den Käufern sei von den Beschuldigten zuvor wahrheitswidrig erklärt worden, dass sie mit den Mieteinnahmen aus den erworbenen Objekten die benötigten Kredite - die sie den Betrogenen dann selbst vermittelten - problemlos in Raten wieder zurückzahlen zu können.
Die Kredite besorgten die Betrüger wohl unter Vorlage auch gefälschter Bonitätsnachweise und notarieller Urkunden über den Wert der als Sicherheit angedienten Immobilien dann bei diversen Banken. Dass einige dieser Geldinstitute von den kriminellen Machenschaften gewusst hätten, behaupten Geschädigte. Aus dem Umfeld der Anklagebehörde war dagegen zu hören, dass die Banken "ahnungslos" gewesen seinen und die Kredite "in gutem Glauben ausgezahlt" hätten.
Exakt 23 Banken und Sparkassen, die von der Bande um 14 Millionen Euro erleichtert wurden, seien bei den Deals mit betrogen worden, sagte denn auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft Darmstadt, Klaus Tietze-Kattge, bei der Verkündigung der Anklageerhebung schon im Februar. Doch nicht alle angefragten Geldinstitute öffneten leichtfertig ihre Tresore. Insgesamt nämlich wurden von den Angeklagten wohl Kredite in Höhe von 25 Millionen Euro nachgefragt.
Zwei der von den Betrügern um ihr Hab und Gut gebrachten Geschädigten stammen aus Rüsselsheim. Ihnen wurde 1993 eine heruntergewirtschaftete Eigentumswohnung in einem Ostberliner Vorort "angedreht". 370.000 Mark bezahlte die Familie H. für die Wohnung mit Schimmelbefall und defekter Haustechnik; und noch einmal 90.000 Mark für die Sanierung. Danach gab es ein Jahr lang tatsächlich Mieteinnahmen, dann aber elf Jahre Leerstand. 2006 wurde das Objekt für nur 25.000 Euro zwangsversteigert, weil die Familie H. die Kreditraten nicht mehr aufbringen konnte.
"Gutgläubig" seien sie gewesen, sagte Jürgen H. der Lokalzeitung Rüsselsheimer Echo jetzt vor Prozessbeginn. Man habe dem renommierten Notar Hans-Peter S. aus Rüsselsheim vertraut, der schon beim ersten Beratungsgespräch mit ihnen und dem vermittelnden Makler einen unterschriftsreifen Kaufvertrag vorgelegt habe. Und auf die Seriosität der den Kredit für den Kauf gewährenden Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank gesetzt. Nur deshalb hätten sie die Wohnung nicht selbst in Augenschein genommen. Der Kreditberater von der Bank habe ihnen sogar vorgelogen, dass er sich in dem Haus in Berlin selbst eine Wohnung gekauft habe. Jetzt sei das für die Altersvorsorge vorgesehene Geld futsch.
Der Notar, der vor zehn Jahren in ähnlicher Sache schon einmal auffällig geworden war, bestreitet offenbar jede Mitschuld. Er habe die Immobilienkäufe nur beurkundet, war aus seiner Kanzlei zu hören. Nach einer Razzia von Staatsanwaltschaft und Polizei im Mai 2009 saß S. für ein paar Monate in U-Haft. Seine Zulassung als Notar und Anwalt ruht.
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