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Prozess gegen AttentäterBreivik soll in die Psychiatrie

Die Staatsanwaltschaft hält den Attentäter von Oslo und Utøya für nicht zurechnungsfähig. Seine „Kampforganisation“ existiere nur seinem Kopf. Norweger sehen das jedoch anders.

Die schwierigen Frage der Grenzziehung zwischen Zurechnungs- und Unzurechnungsfähigkeit ist entschieden. Bild: reuters

STOCKHOLM taz | Anders Behring Breivik Verhältnis zur Realität ist grundlegend gestört. Es sei nicht auszuschließen, dass er an paranoider Schizophrenie leide und und deshalb nicht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden könne, meint die Staatsanwaltschaft. Mit diesem eher unerwartetem Fazit plädierte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag dafür, den Attentäter des 22. Juli 2011 auf unbestimmte Zeit in eine geschlossene psychiatrische Anstalt einzuweisen.

Eine normale Verurteilung zu lebenslanger Haft für 77-fachen Mord scheitert nach Meinung der Anklagebehörde an Zweifeln über Breiviks Zurechnungsfähigkeit. Damit blieb die Staatsanwaltschaft ihrer Linie in der vor vier Monaten veröffentlichten Anklageschrift treu. Auch dort hatte sie Breivik bereits als unzurechnungsfähig eingestuft.

Die Entscheidung sei für die Staatsanwaltschaft nicht einfach gewesen, erklärte Staatsanwalt Svein Holden. Letztendlich habe aber bei der schwierigen Frage der Grenzziehung zwischen Zurechnungs- und Unzurechnungsfähigkeit das grundlegende Rechtsprinzip „Im Zweifel für den Angeklagten“ ausschlaggebend zu sein. Für den Rechtsstaat sei es aus Gründen der Rechtssicherheit in einem Zweifelsfall schlimmer, eine psychotische Person zu einer Gefängnisstrafe zu verurteilen, als umgekehrt. Wie der Betroffene das selbst sehe – Breivik hat sich gegen die Diagnose Unzurechnungsfähigkeit gewehrt –, habe für das Gericht keine Rolle zu spielen.

Bisherige Rechtspraxis geht vor Terrorparagraf

Holden zitierte eine lange Reihe von Urteilen zur Frage der Zurechnungsfähigkeit. Auch wenn im Fall Breivik erstmals der „Terrorparagraf“ des norwegischen Strafgesetzbuchs zur Anwendung komme, sei die bisherige Rechtspraxis der Gerichte maßgeblich. Und an Breiviks Schuldfähigkeit bestünden nicht auszuräumende Zweifel vor allem aufgrund des ersten psychiatrischen Gutachtens, dem fachliche Fehler nicht nachzuweisen seien.

Dieses Gutachten sei in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Tat erstellt worden und spiegele Breiviks Geisteszustand zum Tatzeitpunkt deshalb vermutlich am getreuesten wieder. Nicht auszuschließen sei, dass der Angeklagte bei der späteren Begutachtung – hier waren Psychiater zum Ergebnis gekommen, er sei zurechnungsfähig – „dissimuliert“ haben könnte.

Im „Manifest“ Fantasiewelt geschaffen

Staatsanwältin Inga Bejer Engh hatte zuvor in einem ersten Teil des Plädoyers die von Breivik behauptete „Kampforganisation der Tempelritter“ als offenbares Lügengebäude zerpflückt. Man habe es mit einem Einzeltäter zu tun, der sich in seinem „Manifest“ diese Fantasiewelt geschaffen habe, um sich wichtig zu machen. Die Auslandsreisen, bei denen er sich mit anderen „Kämpfern“ getroffen haben will, hätten bei genauerer Kontrolle vorwiegend ökonomische Gründe gehabt.

Der Breivik-Prozess endet am Freitag mit dem Plädoyer der Verteidigung. Breivik selbst wird Gelegenheit zu einem Schlusswort haben. In seinem Urteil, das am 20. Juli oder 24. August verkündet werden soll, ist das Gericht frei und nicht an die Einschätzung der Staatsanwaltschaft zur Frage der Zurechnungsfähigkeit gebunden.

Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage teilt nur jeder Zehnte der Befragten die Einschätzung der Staatsanwaltschaft. Drei von vier NorwegerInnen sprechen sich angesichts des Prozessverlaufs für die Verurteilung Breiviks zu einer Gefängnisstrafe aus.

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7 Kommentare

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  • MM
    Mirko Malessa

    Ein lupenreiner Nationalsozialist kommt für den Rest seines Lebens in den Psychoknast.

     

    Wenn es das nur immer so geben würde; am besten so früh wie möglich als vorsogliche Unterbringung.

     

    Und besser als wenn er nach 15jahren und Guter Führung wieder frei kommt, ist es auch noch.

     

    Ach, ich habe in meiner Zeit als Zivi unter anderem auch mit Psychisch Kranken zu tun gehabt. Persönlich würde ich an stelle jedes Täters auf richtigen Knast hoffen und nicht auf die Geschlossene Anstalt. Eher würde ich jeden Mord gestehen, als in eine Psychiatrie eingewiesen zu werden. Harte tätowierte Bankräuber die einen unter der Dusche vergewaltigen, sind definitiv das Kleinere Übel, als den Rest des Lebens zwischen (echten) Geisteskranken zu verbringen. Vertraut mir einfach.

     

    Tschüss, Breivik, und gratulation zur schlimmsten Strafe die man auf diesem Planeten bekommen kann: Lebenslangem Geistesknast und Psychotherapie.

     

    Wenn das der Führer wüßte!

  • R
    Rachelustig

    Also, Gefängnisaufenthalt in Gemeinschaftsverwahrung auch wenn es evtl. nur 21 Jahre in Realität wären, wäre meiner Meinung nach sehr passend für einen der größten Massenmörder in Westeuropa der letzten Jahrzehnte.

     

    Kann mir vorstellen, dass die Zellengenossen schon einiges mit ihm und seinen Ideen anfangen können. Jedenfalls besser als lebenslang in der Psychiatrie betüddelt werden.

     

    Wo leben wir eigentlich? 77facher Mord, Max. Strafe 21 jahre, als Alternative lebenslange Komfortunterbringung in der Psychiatrie.

     

    Die ganz schnelle Lösung wäre wahrscheinlich sofortiger Freispruch mit der Auflage, in Oslo mit einem Schild herumzulaufen: " Ich bin Anders Breivik".

     

    Sorry, aber manchmal wünscht man sich andere Gesetzesmöglichkeiten.....

  • PD
    Pinkel da Neben

    In der Psychiatrie kann er wenigstens sicher alleine duschen ;-)

  • GO
    Graf Ortho

    Ich bin froh, dass er nicht als Märtyrer in den Knast wandert, sondern als »Geisteskranker« in die geschlossene Psychiatrie. Dies wird zwar von einigen (die sicher noch nie in der geschlossenen Psychiatrie weilten) als milde Strafe angesehen, aber jedem muss klar sein, dass hiermit jegliche Glorie des Täters verloren geht—eine lange Haftstrafe wäre dem Mythons Breivik dienlicher und somit der Gesellschaft weitaus schädlicher.

  • S
    Samthandschuh

    Drei von vier NorwegerInnen wollen den Terroristen Breivik im Knast sehen.

    Nur jeder Zehnte der Befragten teilt die Meinung der Staatsanwaltschaft, alle anderen halten die Ansicht der Staatsanwaltschaft für falsch.

    Das sollte dem Gericht zu denken geben.

  • ZG
    Zweierlei Gerechtigkeit

    Man will Breivik wirklich lebenslang einsperren. Diese Strafe gibt es in Norwegen aber nicht. Für keinen noch so perversen Mörder. Man muß schon linke Jugendliche abschlachten, dann lässt man sich bei der Staatsanwaltschaft etwas einfallen. Dann wird über die Opfer berichtet. Andere Mörder kommen nach einigen Jahren wieder frei und Prozess wie Tat werden weil politisch unpassend vertuscht oder zu Dreizeilern.

  • AH
    Andi H

    Dieses Urteil war fast zu erwarten da es sich besser international verkaufen läßt!Die Tat eines Wahnsinnigen,der das aber jahrelang vorbereitet hat.Also,so beschränkt konnte der garnicht sein.Der Typ wußte genau was ihn erwartet wenn er verhaftet wird.Das Urteil soll der Allgemeinheit zeigen...hier ist alles Bestens,Lage unter Kontrolle!!!Solche Urteile zieht man sicher durch um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen,denn mit Sicherheit sind solche Sachen nur die Spitze vom Eisberg da mit Sicherheit viele Vorfälle garnicht an die Öffentlichkeit kommen und gedeckelt werden von der Politik.