Protest gegen Zeitarbeit: Die Grünen in der Verantwortung
Anarcho-Gewerkschaft protestiert vor der Böll-Stiftung der Grünen gegen prekäre Arbeitsverhältnisse dort im Haus: Zeitarbeit verstoße gegen Parteiprinzipien.
Zur Sozialpolitik und prekären Arbeitsverhältnissen in Deutschland gab es in den letzten Jahren häufiger Vorträge und Seminare in den Räumen der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. Heute am Donnerstag aber wird die Thematik im wahrsten Sinne vor der Haustür der Stiftung verhandelt. Die Basisgewerkschaft „Freie ArbeiterInnen Union“ (FAU) will ab 18.30 Uhr unter dem Motto „Leiharbeit abschaffen“ in der Schumannstraße 8 vor der Stiftung gegen prekäre Arbeitsverhältnisse dort protestieren.
Die Böll-Stiftung beschäftige seit Jahren MitarbeiterInnen über Outsourcing-Firmen zu prekären Arbeitsverhältnissen, kritisiert die FAU. Einer der Betroffenen ist Michael Rocher. Er arbeitet bei der Zeitarbeitsfirma Xenon und hat bei der Böll-Stiftung Aufarbeiten für Kongresse und das Catering übernommen. „Als Festangestellter würde ich 10,58 Euro Stundenlohn bekommen, als Leiharbeiter nur 8 Euro“, rechnet er gegenüber der taz die Differenz vor. Diese Situation gelte für knapp 20 Beschäftigte, so Rocher.
Nach dem Erhalt von Informationen über die FAU-Kampagne gegen Leiharbeit sei man aktiv geworden und habe eine Klage auf Festanstellung beim Arbeitsgericht eingereicht. Nach Gesprächen mit der Geschäftsleitung der Böll-Stiftung hätten in der vergangenen Woche zwei FAU-Mitglieder, die an einer Betriebsversammlung zu den prekären Arbeitsverhältnissen teilnehmen wollten, von der Geschäftsleitung Hausverbot bekommen. „Wir sehen auch die Grünen in der Verantwortung, da die Stiftung mit ihrer Praxis die Mindestlohnforderungen und Positionen zur Leiharbeit der Partei lächerlich aussehen lässt. Die FAU Berlin hat in den letzten Jahren deutlich gemacht, dass sie nicht konfliktscheu ist“, erklärte der FAU-Pressesekretär Stefan Kuhnt gegenüber der taz.
Anständig behandeln
Die Pressereferentin der Böll-Stiftung, Ramona Simon, bestätigte, dass Dienstleistungen im Bereich der Konferenzassistenz, der Medientechnik und des Empfangs seit drei Jahren von der Firma Xenon Service GmbH getätigt worden seien. Der Vertrag laufe zum 31. Juli aus. Danach werde die Dienstleistung erneut ausgeschrieben.
Weil Betriebsversammlungen dem MitarbeiterInnen vorbehalten seien, habe man die FAU-VertreterInnen nicht eingeladen. Mit den Forderungen der Grünen würden die Arbeitsbedingungen bei der Stiftung nicht kollidieren. „Wir achten dabei darauf, dass diese Firmen ihre MitarbeiterInnen anständig behandeln und, soweit es Tarife gibt, sie danach bezahlen“, betonte Simon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken