Protest gegen Serbiens Regierung: Zehntausende Menschen kommen zur Demo nach Belgrad
Der Widerstand gegen die Politik von Präsident Vucic wird immer mächtiger. Serbiens Staatschef weist Rücktrittsforderungen weiter zurück, spricht von westlicher Verschwörung und droht mit Festnahmen.

Die Demonstration könnte die vermutlich größte gegen die Regierung werden, die jemals in dem Balkanland organisiert wurde. Bereits in den vergangenen vier Monaten protestierten immer wieder kleinere und größere Menschenmengen gegen Korruption in Serbien und forderten damit Vucics Macht heraus, der seit 13 Jahren im Amt ist. Studierende stießen die Proteste an, die begannen, nachdem beim Einsturz eines Bahnhofsdachs in der Stadt Novi Sad im November 15 Menschen ums Leben gekommen waren. Kritiker sehen die Ursache für das Unglück in Korruption in Kreisen der Regierung.
„Ich gehe davon aus, dass dies seine Autorität erschüttern wird und dass Vucic erkennen wird, dass die Menschen nicht mehr hinter ihm stehen“, sagte der Demonstrant Milenko Kovacevic am Samstag.
Bereits am Freitagabend kamen die Menschen in Belgrad zusammen und begrüßten Studierende, die seit Tagen aus ganz Serbien in die Hauptstadt marschiert waren oder mit dem Fahrrad eintrafen. Innenminister Ivica Dačić sagte dem staatlichen Sender RTS, dass über Nacht 13 Menschen festgenommen worden seien. Sechs Oppositionsaktivisten hätten einen Putsch und Unruhen geplant.
In einem Vorort von Belgrad wurde ein Mann festgenommen, der mit seinem Auto in Demonstranten gefahren war und dabei drei Menschen verletzt hatte. Hunderte Polizisten waren in und um Regierungsgebäude sowie vor dem Präsidentenpalast im Einsatz.
Vorschläge für eine Übergangsregierung, die eine Neuwahl in sechs Monaten ansetzen könnte, hat der Staatschef zurückgewiesen. Er werde „nur wenn sie mich töten“, zurücktreten, sagte er. Vucic hat die Proteste als einen vom Westen orchestrierten Plan beschrieben, ihn von der Macht zu vertreiben und Serbien zu zerstören.
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