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Protest gegen Hartz IVArme kritisieren Ausgrenzung

Mit einer "Armutsgrenze" auf dem ehemaligen Mauerverlauf protestieren Caritas und Nationale Armutskonferenz gegen die Sparpläne der Bundesregierung.

Symbolisch und doch real: die "Armutsgrenze" am Brandenburger Tor Bild: dpa

BERLIN taz | Am Dienstagmittag war das Brandenburger Tor dicht. Etwa 100 Menschen bildeten eine halbe Stunde lang eine Grenze, mitten in Berlin. Eine Armutsgrenze. Die Aktion, die sich irgendwo zwischen Flashmob und sozialer Skulptur einordnen lässt, fand im Rahmen der Aktionswoche der Nationalen Armutskonferenz statt.

Um kurz vor zwei Uhr wirkt der Pariser Platz noch ruhig, nur um einen Infostand der Caritas drängen sich ein paar Menschen. Auf ein Signal hin streifen sie sich weiße T-Shirts über. "Ich bin überschuldet und arm" steht darauf oder auch: "Ich habe keine Ausbildung". Quer zum Brandenburger Tor entlang des ehemaligen Mauerverlaufs stellen sich alle an einer roten Linie auf. Damit der Sinn und Zweck des Ganzen klar wird, sind oberhalb der Linie weiße Buchstaben geklebt: "Armutsgrenze" steht da.

Claudia Beck, Sprecherin der Caritas, erklärt die Idee: "Die Ausgrenzung von einkommensschwachen Menschen soll visualisiert werden, Passanten und Betroffene ins Gespräch kommen." Nicht über, sondern mit Menschen, die in Armut leben, solle hier gesprochen werden.

Ob der Platz vor dem Brandenburger Tor dafür geeignet ist, bezweifeln einige der Teilnehmer allerdings. Die Passanten sind hier hauptsächlich Touristen, die nur Englisch oder Französisch sprechen, ein richtiger Austausch findet nicht statt, meint eine junge Frau, die gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr in Berlin absolviert und sich solidarisch dazugestellt hat.

Währenddessen spricht auf einer kleinen Tribüne Peter Neher, der Präsident des deutschen Caritasverbandes. "Ich will raus aus der Armut!", ruft er und übt deutliche Kritik am Sparpaket der Bundesregierung. Es lege den Rotstift gerade bei den Gruppen an, die "schon längst keine Reserven mehr haben". Zwei Millionen Kinder und Jugendliche gelten derzeit in Deutschland als arm oder von Armut bedroht. Gerade sie müsse die Politik vor Ausgrenzung schützen und eigenständige Hartz-IV-Regelsätze für sie einführen, fordert Neher.

Die Isolation, in die Kinder von Hartz-IV-Empfängern geraten, kennt auch Andreas G. Er ist alleinerziehend und lebt mit seinen beiden Töchtern in Mainz. Einladungen anzunehmen werde schwer, wenn das Geld schon für den Bus nicht reicht, erzählt er. Schlimmer noch als das ständige Herumrechnen mit dem Geld findet er aber die schiefen Blicke auf Elternabenden, wenn er erklärt, dass er für eine geplante Klassenfahrt nicht aufkommen kann. Wie die meisten der Teilnehmer engagiert sich auch Andreas G. ehrenamtlich bei der Caritas, er berät andere in Fragen rund um Hartz IV.

Und wie fast alle Teilnehmer kommt auch er nicht aus Berlin. Die Caritas hat Menschen aus verschiedenen Städten Deutschlands zu der Aktion eingeladen und auch Hotel- und Fahrtkosten übernommen. Arme Menschen aus Berlin traf man auf der Armutskette kaum.

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