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Protest gegen AtomkraftEin bisschen Müll für die Union

Wohin mit dem Atommüll? Aktivisten werfen der Union Haushaltsmüll vor die Haustür, weil sie Kernkraftwerke laufen lässt - ohne einen Platz für die hochradioaktiven Abfälle zu haben.

Das Problem mit dem Müll: Atomkraftgegner, wie im vergangenen Jahr in Hannover, kritisieren seit langem, dass es kein Endlager gibt. Bild: dpa

BERLIN/MÜNCHEN taz | Beim CDU-Kreisverband Tempelhof-Schöneberg in Berlin sind es immerhin fünf Beutel. Sie stehen im Gang vor dem Büro, gefüllt mit Müll. Ein Geschenk von den Anti-Atom-Aktivisten.

Die Initiative Ausgestrahlt hat am Dienstag deutschlandweit zum Protest gegen die von CDU und CSU geplante Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke aufgerufen. Der Titel der Aktion: "Bring deinen Müll zur CDU". Um Punkt 12.30 Uhr Mittags wollten Aktivisten in über 40 CDU- und CSU-Büros Säcke mit Müll abgeben. Es sollte ein spektakulärer Hinweis sein auf das noch immer fehlende Endlager für Atommüll. Doch so flächendeckend und beeindruckend wie gedacht gelang das offenbar nicht.

Vor dem Büro des Münchner Kreisverbands in der Adamstraße, wenige Meter neben der tristen Parteizentrale, ist es auch an diesem Mittag penibel sauber. Kein Müll auf der Straße, keine Anti-Atom-Aktivisten, nur ein Polizeiauto auf der anderen Straßenseite. Dort warten zwei Beamte auf den Anti-Atom-Protest. Doch der kommt nicht. Auch vor dem CSU-Büro am Münchner Ostbahnhof wartet die Polizei eine Stunde lang erfolglos. Ausgestrahlt-Sprecher Jochen Stay hat am Nachmittag noch keine Rückmeldung, wie erfolgreich die Aktion in anderen Städten lief.

Im Vorfeld hätten viele Menschen angekündigt, sich am Protest zu beteiligen. "Wir waren ganz positiv überrascht über die Resonanz", sagt Stay. Dabei hätte gerade in den südlichen Bundesländern der Protest gute Chancen. "In den Orts- und Kreisverbänden der Union gibt es massive Debatten über die Energiepolitik", so Stay. "Es sehen auch viele Wähler von CDU und CSU die Atompolitik der Partei kritisch."

Die Parteispitze erreichen die Diskussionen der Basis dagegen bislang kaum. In Bayern hält Umweltminister Markus Söder (CSU) stramm an einer Verlängerung der AKW-Laufzeiten fest. Die bayerische SPD hat am Montag einen Antrag im Landtag angekündigt: Söder soll öffentlich erklären, welche bayerischen Standorte bei einer Laufzeitverlängerung für ein atomares Endlager in Frage kommen würden.

Auch die Grünen fordern von der CSU eine Aussage, wohin bayerischer Atommüll soll. "Wer die längeren Laufzeiten fordert, muss erst die Endlagerfrage stellen", sagt der energiepolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann, zur taz. Ihn ärgere in Bayern, dass CSU und FDP stets auf das Endlager in Gorleben verwiesen. Dabei sei bekannt, wie fragwürdig die Entscheidung für den Standort Gorleben zustande gekommen war.

Die CSU hat Fragen nach einem Endlager in Bayern bislang weitgehend ignoriert, sie sogar als Angstmacherei der Opposition abgetan. In Bayern gebe es endlagerfähige geologische Formationen, erklärt dagegen die SPD. Die Grünen wollen sich erst an einer Endlagerdebatte beteiligen, wenn der Atomausstieg feststeht. "Wir müssen uns jetzt auf die Debatte um die Laufzeit konzentrieren", meint Hartmann.

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9 Kommentare

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  • S
    Sebas

    Volle Zustimmung @ JanG: Leider können viele Leute nichts mit großen Zahlen anfangen und jeder Zeitraum über 100 Jahre ist unvorstellbar lang - selbst für Geologie.

     

    Noch nebenbei: Zurzeit wird in den vier deutschen Endlagern für (bis in die Unendlichkeit) hochgiftigen konventionellen Abfällen jedes Jahr in etwa soviel eingelagert wie wir nach 60 Jahren Kerntechnik in Deutschland INSGESAMT an Schwach- mittel und hochradioaktiven Abfällen INSGESAMT haben.

    Davon ist auch einiges von politischen Hätschelkindern wie Energiesparlampen oder auch Halbleitertechnik (Solarzellen oder auch Ihr und mein Computer und der TAZ-Server).

  • J
    JanG

    @Jonas

     

    Na ja, das ist so nicht ganz richtig. Aus tektonischen und seismologischen Betrachtungen lassen sich über einen Zeitraum von 1 bis 5 Mio Jahren schon recht sichere Aussagen über die Entwicklung eines Salzstockes machen. Erst darüber hinaus wird es schwierig. Weiterhin haben die Salzstöcke im Norden Deutschlands das Entstehen und Vergehen von Pangäa, das Heben der Alpen sowie einige Dutzend Eiszeiten überstanden. In diesen wurden Wassereinschlüsse gefunden, die seit mehr als 200 Mio Jahren keinen Kontakt zur Biosphäre mehr haben. Die Hoffnung ist nicht unberechtigt, eine solche Wasserblase künstlich zu schaffen.

     

    Zwei Dinge müssen aber bei einer Diskussion zur Endlagerfrage betrachtet werden:

    1. Bitte nicht mit menschlichen Maßstäben rangehen, das geht schief. Hier müssen geologische Zeiträume genutzt werden, und in diesen ist eine Mio Jahr sehr wohl überschaubar und modellierbar.

     

    2. Was mich enorm stört, ist, dass immer nur Kritik kommt: "Es kann KEIN Endlager geben". OK, das ist ne Aussage. Aber bitte bietet dann doch auch mal eine Lösung an. Sagt doch wie man es besser machen kann. Der Müll ist da und selbst bei einem sofortigen Ausstieg sitzen wir derzeit auf rund 12.000 m³ hochradioaktivem Müll der irgendwohin muss. Und die Wissenschaftler die in der Endlagerforschung tätig sind (mich eingeschlossen) machen wenigstens was. Und das ist meines Erachtens wesentlich besser als immer nur dazustehen und zu jedem Lösungsvorschlag nur zu sagen: das geht schief.

     

    Eine letzte Bemerkung noch: der radioaktive Müll ist in ca. einer Mio Jahre nicht mehr gefährlich. In Herfa-Neurode hingegen wird ein Endlager für chemisch-toxischen Müll betrieben. Wenn dieses Endlager eines Tages schliesst, lagern dort 42 Mio m³ Müll der auch in einer Milliarde Jahre noch gefährlich ist. Aber dort demonstriert irgendwie keiner. Seltsame Sache das.

  • J
    Jonas

    Ein wenig Verständnis für Geologie sollte jeder haben, der über die Endlagerproblematik spricht oder schreibt. Ich kenne keinen seriösen Geologen, der nachweisen und garantieren kann, dass geologische Strukturen über Jahr Millionen stabil bleiben und keinerlei Wasser eindringen wird. In der Deponietechnik findet das 5 Barrierensystem Anwendung. Hier dient als Basis immer der geologische Standort. Weitere Barrieren werden künstlich errichtet. Nur geht man bei einem Hausmülldeponiekörper von einer Nachsorge von 30 Jahren aus. Hierfür müssen vom Deponiebetreiber Gelder zurückgelegt werden, die über die Ablagerungsgebüren vom Entsorger verlangt werden. Fragen wir doch einmal die Atomindustrie oder den Atomstromverbraucher ob er diese Gebühren zahlen will. Atomstrom würde so ca. 2,50€ pro kW Stunde Kosten. Von Versicherungskosten ist da noch keine Rede, da es keine Versicherung gibt die diese gefährliche Technologie verantworten will und kann.

  • P
    Peters

    Die Mainzer CDU war souverän – Ihr Motto „Leben und leben lassen“

    Beweis:

    http://merky.de/b980dc

     

    BILD:

    http://www.prpress.de/img/pool/4c05277e6da44.jpg

  • B
    blablue

    Gerade hat es in der Sendung "Kontraste" einen kritischen Bericht zu Gorleben und der Verwendbarkeit von Salzstöcken zur Endlagerung gegeben. Unser Umweltminister Röttgen hat den großen Atomkonzernen zu Liebe die Sicherheitsrichtlinien verwässert. Nun müssen die Firmen nicht mehr sicherstellen, dass der Atommüll über 500 Jahre hinweg zurückgeholt werden kann. Und dies trotz Warnungen von Wissenschaftlern der Universität Groningen, die hierzu geforscht haben.

     

    Hier der link: http://www.youtube.com/watch?v=zHxa6D715UU&feature=player_embedded

  • T
    Toby

    @Wahr Sager

     

    Die Wahrheit ist: es KANN kein ENDlager geben. So wenig, wie jemand ernsthaft ein Baugrundstück für das Jahr 200.010 n.Chr. verkaufen könnte. ENDlager sollen die Dinger heißen. Darin soll der Strahlenmüll lagern, bis er nicht mehr strahlt. Und das wäre dann beispielsweise im Falle von Uran unwesentlich länger, als es überhaupt den Homo Sapiens gibt und im Falle von Plutonium um einiges länger als die Sesshaftigkeit dieser Species.

  • H
    Hiob

    "Die Klärung ob Gorleben als Endlagerstandort in Frage kommt, wäre spätestens 2005 geklärt gewesen."

    Na klar, so "geklärt" wie bei Asse II ?!

  • WS
    Wahr Sager

    Was für eine Farce!

    Die Ermangelung eines Endlagers hat sich allein die Anti-Atom-Fraktion auf die Fahne zu schreiben. Durch das rot-grüne Erkundungsmoratorium haben wir nichts als Zeit verloren. Die Klärung ob Gorleben als Endlagerstandort in Frage kommt, wäre spätestens 2005 geklärt gewesen. Wenn nicht der politische Wille dazu gefehlt hätte. Jetzt benutzt man die selbstkonstruierte Verzögerung als Argument für die Ablehnung der Kernenergie. Da beißt sich die Mieze in den Schwanz.

  • K
    korruptas_ministerias

    In diesem Zusammenhang etwas zur Information....

     

     

    http://www.youtube.com/watch?v=goRps1l125U