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Probleme mit finnischer PressefreiheitEin echter Demokrat

Sloweniens Regierungschef Janez Jansa verlangt von der finnischen Regierung gegen einen Fernsehbericht vorzugehen, in dem ihm Korruption vorgeworfen wurde.

Der slovenische Regierungschef Janez Jansa soll in eine Schmiergeldaffäre verwickelt sein. Bild: dpa

STOCKHOLM taz Die Bestrafung und Auslieferung von Magnus Berglund hat Sloweniens Ministerpräsident Janez Jansa bislang noch nicht gefordert. Doch bewegt er sich deutlich auf den Spuren des polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski in der Affäre um die Kartoffel-Satire der taz. Jansa hat offenbar Probleme mit der Pressefreiheit und möchte, dass die finnische Regierung etwas gegen den öffentlich-rechtlichen Fernsehsender YLE und dessen Redakteur Berglund unternimmt.

In der vergangenen Woche war der slowenische Regierungschef im YLE-Politmagazin "MOT" beschuldigt worden, einer der Entscheidungsträger zu sein, die insgesamt 21 Millionen Euro Bestechungsgelder bekommen haben sollen, damit Slowenien seinen bislang größten Rüstungsauftrag nach Finnland vergibt. Die sich mehrheitlich im finnischen Staatseigentum befindende Waffenschmiede Patria hatte im Dezember 2006 den Zuschlag für die Lieferung von Panzerfahrzeugen und Kanonen im Werte von 280 Millionen Euro bekommen. Seit dem Frühjahr geht nun Finnlands Staatsanwaltschaft Hinweisen nach, dass beim Slowenien-Deal kräftig geschmiert worden sein soll. Mehrere Direktoren wurden verhaftet und im August trat Patria-Chef Jorma Wiitakorpi zurück.

Journalist Berglund hatte im Mai Insider-Informationen erhalten, die auf Jansa - ehemals Sloweniens Verteidigungsminister, seit 2004 Regierungschef - als einen der Empfänger von Bestechungsgeldern hindeuteten. Nach monatelangen Recherchen ist er sich seiner Sache sicher: "Man beschuldigt niemanden und schon gar nicht den Regierungschef eines anderen Landes der Korruption, wenn man nicht bombensichere Beweise und genügend zuverlässige Quellen hat", sagt der 42-Jährige: "Ich bin doch nicht dumm und würde meine eigene Karriere und den Ruf von YLE für eine solche Geschichte riskieren." Alle Quellen und Fakten seien bei YLE erneut überprüft worden.

Wenige Stunden nachdem die Beschuldigungen von slowenischen Medien aufgegriffen worden waren, hatte Finnlands Ministerpräsident Matti Vanhanen seinen slowenischen Kollegen am Telefon. Und der soll sich laut Informationen aus der Regierungskanzlei in Helsinki nicht nur bitter beklagt, sondern auch ein Eingreifen verlangt haben. Was Vanhanen recht bestimmt und mit Hinweis auf die in Finnland herrschende Pressefreiheit zurückgewiesen habe. Am Donnerstag legte die slowenische Regierung mit einem offiziellen Protest gegenüber der finnischen Botschafterin Birgitta Stenius-Mladenov - pikantes Detail: ihr Ehemann Andrej Mladenov ist Patria-Repräsentant in Slowenien - nach.

Jansa verdächtigt den politischen Gegner, hinter den Anschuldigungen zu stecken. Am 21. September sind Parlamentswahlen und Sloweniens Sozialdemokraten sind Hauptkonkurrent von Jansas Demokraten. Der Beweis für die vermeintliche Sozi-Connection: Schließlich habe auch der finnische YLE-Fernsehchef Jungner einen sozialdemokratischen Hintergrund. "Surrealistisch" nennt Berglund solche Gedankengänge: "Man kann in Slowenien offenbar nicht verstehen, dass man als Journalist den Job hat, Tatsachen zu recherchieren und die dann auch zu veröffentlichen."

Die von Jansa angekündigten gerichtlichen Schritte gegen YLE bereiten Berglund keine schlaflosen Nächte: "Das verstehe ich, irgendwie muss er ja reagieren." Was den Redakteur mehr beunruhigt, ist die Tatsache, dass slowenische Behörden nun offenbar dabei seien, nach seinen dortigen Quellen zu suchen. Er habe erfahren, dass von ihm interviewte Personen unter Druck gesetzt werden und teilweise zu Polizeivernehmungen einbestellt wurden: "Die Prinzipien der Meinungsfreiheit scheinen dort nicht hoch im Kurs zu stehen."

So ähnlich kommentieren das auch finnische Medien: Sloweniens Reaktion "riecht nach altjugoslawischer Tradition", wie eine Regierung Medien "zu kontrollieren habe und für diese verantwortlich" sei, schreibt die Tageszeitung Hufvudstadsbladet: "Wir leben jetzt aber im EU-Europa, Slowenien!"

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11 Kommentare

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  • JJ
    Joschka Jorass

    Also, viele meiner slowenischen Freunde versuchen hier die Verschwörungstheorien von Jansa zu rechtvertigen. Ich bitte euch, akzeptiert, dass es keine Verschwörung ist, sondern ein Kriminalfall. Und hört auf mit dem Englisch hier alles in die Breite zu erklären: Es interessiert kein Schwein in Deutschland, was unser korrupter Ministerpräsident sagt - nicht mal Berlusconi hat solche Verschwörungstheorien hervorgebracht. Also, wartet noch 3 Monate bis die Finnen alles herausfinden. Und lasst die Journalisten ihre Arbeit verrichten. Europa lacht über uns und unseren bescheuerten Jansa mit seinen fragwürdigen Aktionen.

  • C
    CallForDemocracyInSlovenia

    Dear German friends

     

    I am sure that your country has been at level of democracy that our Slovenian country can not imagine for years now.

     

    If nothing else to say, keep your own opinion and distance from all of ours manipulating opinions (which some call facts /that you cannot find among most of our citizens) in a way that you always have.

     

    All I have to say is that all of us are not such rednecks and some of us surely hope that one day a difference of opinion will be appreciated as part of democracy and not something that should be punished (in all ways of personal disqualification) or eliminated.

     

    Hopefully I will live till that day :-/

  • M
    Martin

    The commentaries by Volker and Von are great examples of what I wrote of earlier. One is more than willing to evacuate oneself on his country in order to contribute to his short-term political goals.

     

    Slovenia did not have such problems during the 10-year Drnovsek reign? Is that so?

     

    I am not saying that Mr. Drnovsek's governments or its accomplishments were all bad, far from it. But fact is that in considerably worse economical indicators the media (with the exception of a lone-rider weekly, forcibly censored a year ago by an opposition-sympathiser transitional nouveaux riche, who also controls over 50% of the printed and electronic media) never reported on the issues at hand. The journalists had to assume the role of the heirs to the totalitarian press and not criticise the centers of power.

     

    Which shifted quite drastically every time the opposition came close to or eventually came to power. All of a sudden, despite a record economic growth, lowest unemployment rate in history, great public sector wage reforms, confronting white collar criminal etc., according to the media - we were living in the Dark Ages.

     

    Majority of the people do not value the weight of an argument the way they should in a democracy and backing up statements is sometimes disregarded as unimportant.

     

    Facts are: in yesterday's parliamentary session, the position showed that - not only does she have capable rhetors that are unparalelled by anyone from the left option, but also they have the weight of the arguments on their side. Too bad, aight?

     

    Slovene PM Janša, as unpopular as he may be to some people, is a far-above-average politician for Slovene as well as European standards. He is a politicial, but he keeps holding the level of debate above the water, which I welcome. Formal and informal opposition key players are simply afraid of him winning another mandate since he openly confronted several powerful people and made them his enemies during the second half of the mandate.

     

    They are therefore using all the methods in the Machiavelist manner, similar to what a handful of Communists managed to pull off back in 1941 when they screwed the nation as a whole and managed to engage patriots in a civil war as a means to obtain power. History repeats itself, but not to the letter hopefully.

     

    The Finnish govt. is a majority shareholder of both Patria as well as YLE. Based on that fact, accusations by YLE against another state's PM, ralying on alleged Patria sources while at the same time playing the "source protection" card has something to do with the Finnish government - at least in a non-direct way, responsabiliy-wise.

     

    That is where diplomatic notes and official letters of protest, demands for replies etc. kick in. Justified in my opinion.

  • X
    xrayspex

    Als es schoen "ein Slowenier" oben gesagt hat: Unser Praesident repraesentiert alle Leute in Slowenien nicht. Er hat auch viele Gegner, die besser als er verstehen, was seine Taten bedeuten und sie glauben an finnischen Journalisten.

     

    @tadej: warum ist es wichtig, dass dieser Bericht "drei Wochen vor der Wahl" herausgegeben war?!

  • ES
    einer Slowenier

    Hello, I am a true Slovenian citizen and I reject any misconceptions that citizens of Europe should have over my country, regarding the acts of our not so beloved prime minister! PM Jansa and his Social democratic party (SDS) goons in their acts clearly do NOT represent me and many more of us Slovenians. Although there are too many redneck people around, which sadly do. I am not one of them. And if SDS should win this years elections, Slovenia is highly likely to go thru tranzition back into ex-YU party times. Everything is controlled from the top. God help us. Europe help us.

     

    lepe pozdrave s sončne strani alp oz.

    nice greetings from the sunny side of Alps

  • V
    Volker

    Man muss wissen, dass Slowenien diese Probleme vor 2004 nicht hatte! Der frühere Ministerpresident Drnovsek hatte Herrn Jansa in den 90ern wegen einer ähnlichen Affäre als Verteigungsminister des Amtes enthoben. Ab da an wurde Jansa der größte Oppositionsführer. Nach 12 Jahren einer mitte-links Regierung, die Slowenien eine Mitgliedschaft in der NATO und der EU gebracht hatte, sowie ein stätiges wirtschaftliches Wachstum, war der Gipfelpunkt erreicht. Der erfolgreiche Ministerpräsident Drnovsek hat in der Mitte seines Mandats sein Ministerpräsidentamt abglegt und kandidierte als Staatspräsident in 2002 wo er auch gewann. Es entstand ein Machtvakuum, die Slowenische Linke hat sich im Kampf um die Nachfolge in 2004 zerstritten und das hat Jansa ausgenutzt. Mit einem Populismus und den Versprechen für ein Wandel, hat er die Wahlen gewonnen. Das Erste was er tat war eine Reform der Medien. Seit jeher sind die Medien für ihn ein Dorn im Auge. Er sieht sich immer als Opfer - ein Opfer der Medien, der Opposition, des Auslands. Leider findet er viele Anhänger, die ihm alles glauben, jetzt auch die These, dass die slowenische linke Opposition mit der finnischen Linken kooperierte. Dies wird jede Woche in die Slowenischen Haushalte posaunt - curioser Weise entstanden 2 Wochenblätter, die kostenlos jede Woche Jansa preisen und immer die Opposition angreifen. Diese Zeitungen werden 300.000 mal gedruckt und man weiss wer diese kostenlose Propaganda-Blätter verschickt - Janez Jansa und sein konservatives Bündnis. Alle Medien in Slowenien, die ihn kritisieren, sind nach Jansa voreingenommene Medien in dem Einfluss der linken Opposition stehen. Alle, die nur die Opposition attackieren und ihn immer preisen, sind nach seiner Meinung - objektive Medien. Am 21.9. sind Wahlen. Ich hoffe es wird nicht noch schlimmer kommen.

  • PL
    Peer Lundquist

    Es ist eine Sache einen fremden Politiker zu kritisieren, aber einen Regierungschef einer kriminellen Handlung ohne Beweise zu beschuldigen, das ist keine Pressefreiheit mehr. Das ist Medien-Lynch.

  • M
    Martin

    Als mein Deutsch leider nich perfekt ist, werde ich eigentlich auf Englisch kommentieren, darum werde ich sie bitten, das sie mir darueber entschuldigen.

     

    As a Slovene denizen as well as citizen, I am having these mixed feelings of contempt and upright anger due to the fact that foreign media find it so easy to forget the same standards they would have others follow.

    I can not blame it on the media entirely, since the Europeans have well enough demonstrated their ignorance of the Balkans many times over in recent as well as not-so-recent past. Do not get me wrong - Slovenian lands and its people were never a genuine part of the Balkans in the cultural or civilisational meaning, we have however had the misfortune to dwell in two joint, artificially conjoined states after both World Wars, that went by the name of Yugoslavia.

    The immediate effect of the latter was that more than seven decades of living with nations that were Balkan-specific took its toll on us, along with half a century of a Communist totalitarian regime that swept away with any burgeousy or even wealthier farmers - not to mention the political opponents.

    Yes, there were certain properties through which the regime could distance itself from the Eastern block, but the main point remains that the Communist authorities made a hell of a job with their educational reforms, which also results in today's level of dialogue in all spheres of social life. I am not going to go through how the journalists do not know the difference between reporting and commenting on a matter, how the media are in control of the left old-boys networks who have increased their wealth during the transition etc.

     

    My post-introductory point is that the YLE show, now already confirmed to have been started within Slovenia by people who have no second thoughts on tarnishing a state's reputation to achieve their short-term goals, accused the Slovene PM of directly being bribed by the Finnish company, and did so without presenting even a hint of an evidence. Most of the allegged facts straightforwardly presented in the broadcast do not correspond to common sense, not to speak of being founded or backed up by any evidence.

    Even our own media, whom I am very critical of, could not afford such feeble accusations based on litterally zero grounds, which puts Finland's standards, rather than Slovene ones, in a bad light.

    Mr. Berglund's statement on how "in Slovenia, people obviously can not understand that a reporter has to research dubious matters to the bottom" could not be more far-fetched. We are not a banana republic where you could accuse someone and not back it up. I do allow for the fact that he himself was being naive or mislead by the constant "trouble-makers" of Slovene media quotidian, such as Mr. Zgaga, but that is a rather ill excuse for his actions.

    The guests of his show were all from the pole contrary to the government in position, either political or economical opposition, without any right of reply by any of the (very likely falsely) accused parties.

     

    Why did our foreign ministry send out two diplomatic notes to Finland? Why did our government cabinet send a demand for a presentation of opposing facts?

     

    Simply because PM in Slovenia, like other European parlamentary democracies, is the head of the executive branch, represents the state and also is held accountable for his actions as well as statements. And because, like in other European countries, you can not (falsely) accuse someone of a major crime without presenting any facts or even indices. The right of reply is one of the fundamental rights in international law of the media and grants the accused party the liberty of defending itself until any official inquiries are completed, regardless even of the evidence presented. It is incorporated into both Finnish and Slovene legislation and a failure to abide by the legislation results in legal consequences in any state of law.

     

    I will not blame you for the opinions you have formed based on this article, nor the Finnish people for theirs. Just try to understand my disgust at your media's impression that it is no longer obliged to even the basic level of reporting when writing on subjects it has little or no knowledge of.

     

    Freundliche Gruesse!

  • T
    Tadej

    Zum Glück hat obere "news" zehr wenig mit dem Wahrheit zu Tun. Könnten sie sich vorstellen, dass ein slowenischen Journalist einen deutchen Ministerpräsident eine Korruption angeklagt, drei Wochen vor der Wahl? Ohne irgendwelcher Beweis? Was würden Sie tun? Beweisen anfordern, oder? Würde so eine Anforderung ein Ahgriff auf Pressefreiheit?

  • SM
    Stan Marsh

    Ein korrupter, postkommunistischer Balkan-Schurke verlangt die strenge Bestrafung eines kritischen Journalisten, der herausgefunden hat, wann und wieviel Schmiergeld geflossen sind.

     

    Aha.

    Soso.

     

    Und?

    Wo ist der News-Wert?

  • I
    Ivan

    Was für eine Pressefreiheit? Der Blätterwald der im deutschsprachigen Raum wuchert braucht keine Pressefreiheit, da es weitgehend an Mut fehlt diese Freiheit richtig zu nützen - Pardon.

     

    Warum holt Ihr Euch diese Länder in die EU? Georgien wird von Euch auch "umwuselt", auf Teufel komm raus; damit - eines Tages - ein entsprechender/ ähnlicher Artikel geschrieben werden kann???