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Pro-Kommentar Kindercheck-ZwangZum Schutz von Kindern

Kommentar von Peter Müller

Verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen sind zum Schutz der Kinder unerlässlich. Die aktuellen Fälle zeigen, dass so Misshandlung und Verwahrlosung aufgedeckt werden kann.

Bild: dpa

PETER MÜLLER, 52, ist seit 1999 Ministerpräsident des Saarlandes. Der CDU-Politiker ist Jurist und war zuletzt Richter am Landgericht in Saarbrücken. Der Landesvorsitzende der Saar-CDU ist seit 1998 Mitglied im Präsidium der CDU Deutschlands. Peter Müller ist verheiratet und hat mit seiner Frau Astrid drei Kinder.

Die verpflichtende Teilnahme von Kindern an den Früherkennungsuntersuchungen ist ein wichtiger und unerlässlicher Bestandteil zum Schutz von Kinder- und Jugendlichen vor Verwahrlosung, Misshandlung oder Tod. Die Einsicht in diese Notwendigkeit erfolgt bei vielen Politikern leider erst spät, aber zum Glück erfolgt sie.

Das Saarland hatte sich bereits vor über einem Jahr im Bundesrat sowie die CDU Saar auf dem CDU-Parteitag für eine bundesweite Einführung der verpflichtenden Früherkennungsuntersuchungen ausgesprochen. Leider ist eine bundesweite Umsetzung bislang gescheitert. Sowohl Bundesministerin von der Leyen wie auch Bundesministerin Schmidt haben sich öffentlich unter Hinweis auf verfassungsrechtliche Bedenken gegen verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen ausgesprochen. Erneut wurde auch wieder von grundsätzlichen systematischen Bedenken gesprochen, weil angeblich mit einer Untersuchungspflicht ein "Generalverdacht" gegen die Eltern verknüpft sei.

Die aktuellen Fälle haben erneut gezeigt, dass ein Screening ein wichtiges Instrument zum Schutz vor Kindesmisshandlung und Kindesverwahrlosung sein kann. Das Saarland hat seit einem Jahr gehandelt und ein konkretes funktionsfähiges und effektives Hilfesystem installiert. Das Saarland kann hier auch für andere Länder Vorbild sein. Rheinland-Pfalz wird ab dem nächsten Jahr nach dem Vorbild des Saarlands die Kinder screenen. Das Meldesystem im Saarland läuft seit April im Echtbetrieb. Begonnen wurde mit der frühkindlichen Untersuchung U 5 (6. bis 7. Lebensmonat). Seit Oktober werden auch die restlichen Vorsorgeuntersuchungen (U 3 bis U 9) gescreent. Alle 40.000 saarländischen Kinder von der 6. Lebenswoche bis zum 64. Lebensmonat sind damit im Saarland im Screening.

Notwendig war eine Änderung des Gesundheitsdienstgesetzes. Hier wurde eine Vorschrift eingefügt, die die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder verpflichtend vorschreibt. Diese Änderung wurde durch ein Gesetz zum Schutz von Kindern vor Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung vorgenommen. Das Gesetz enthält eine Verpflichtung für Kinderärzte, aber auch für Hebammen und Geburtshelfer, vollzogene Untersuchungen an die Screeningstelle zu melden. Erfolgt dann innerhalb kurzer Frist (einer Woche) keine Untersuchung, wird das zuständige Gesundheitsamt von der Screeningstelle unterrichtet. Das Gesundheitsamt wird sofort aktiv und sucht mit einem Kinderarzt die Familie auf. Wenn sich bei diesem Besuch Probleme ergeben oder Anzeichen für Vernachlässigung erkannt werden, so wird das Jugendamt eingeschaltet, damit das gesamte Instrumentarium des Kinder- und Jugendhilfegesetzes zur Anwendung kommen kann.

Die Screeningstelle wurde bewusst bei der Universitätskinderklinik angesiedelt, damit die Erinnerungsschreiben und das Verfahren von betroffenen Eltern nicht als "staatliche Gewaltmaßnahme" begriffen werden. Um Abwehrreaktionen zu vermeiden, wurde zur Erstintervention auch bewusst eine Zuständigkeit der Gesundheitsämter begründet, weil das Jugendamt insbesondere in sozialen Problembereichen von vornherein als "feindlich" begriffen wird. Das Verfahren ist verwaltungsmäßig sehr einfach. Die ersten Ergebnisse bezogen auf die U 5 zeigen erschreckende Ergebnisse und belegen, wie wichtig und richtig die Einführung der Untersuchungspflicht war: Sie widerlegen die bisherige Annahme, wonach deutlich mehr als 90 Prozent die Vorsorgeuntersuchungen im frühen Kindesalter in Anspruch nehmen. Völlig unauffällig, unaufgefordert und ohne jede Erinnerung oder Mahnung sind nur 78,8 Prozent der Eltern mit ihren Kindern zu der so wichtigen U 5 gegangen. Weitere gut 17 Prozent haben die Untersuchung erst nach erster oder zweiter Mahnung wahrgenommen. In 3,5 Prozent der Fälle mussten die Gesundheitsämter aktiv werden und Familien aufsuchen. Nach diesen Besuchen des Gesundheitsamtes wurde in insgesamt 0,6 Prozent der Fälle das Jugendamt eingeschaltet, weil beim Hausbesuch des Gesundheitsamtes Anzeichen für schwerwiegendere Probleme erkennbar wurden. Deshalb haben wir parallel zu der Implementierung des Überwachungssystems als andere Seite auch die Familienhilfe intensiviert, indem als Ausfluss eines Modellprojektes Familienhebammen im größeren Stil eingesetzt werden. Dazu zählen zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung der Erziehungskompetenz, der Einsatz von Familienhebammen und ein umfängliches Angebot an Erziehungsbegleitung und Erziehungshilfen. Nach dem Grundsatz: "Keiner fällt durchs Netz."

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