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Pro & ContraIst der Machtmissbrauch im Lehrerberuf angelegt?

Bietet ein geschlossenes System wie die Schule ein Fundament für Gewalt und Missbrauch – oder handelt es sich bei den Tätern um einzelne schwarze Schafe?

"Freund, Helfer und Vorbild" solle der Lehrer sein, schrieb Hartmut von Hentig in seiner Stellungnahme zu den Missbrauchsvorwürfen gegen seinen Freund Gerold Becker, den früheren Internatsleiter der Odenwaldschule. Bild: dpa

Pro:

M acht ist keine Eigenschaft. Sie ergibt sich aus Strukturen, Kommunikation und Symbolen. Die Position, die Lehrer innehaben, verleiht ihnen Macht. Und ein geschlossenes System, wie die Schule eines ist, bietet ein weiches Fundament für Gewalt und Missbrauch - egal, ob es sich dabei um eine Reformschule oder ein katholisches Internat handelt.

Macht findet dort ein Ende, wo sie kontrolliert und ihr Missbrauch sanktioniert wird. Über das, was Lehrer tun, gibt es keine ausreichende Kontrolle. Die Türen der Klassenzimmer sind geschlossen, ebenso die der Lehrerzimmer. In Ersterem wird gelehrt und gekämpft, dort konstituiert sich Macht. In Letzterem rückt man solidarisch zusammen, wenn man von außen angegriffen und kritisiert wird, dort wird sie verteidigt.

Eine monatliche Supervision, ein Blick von außen könnte schon reichen, das geschlossene System Schule ein bisschen aufzubrechen und mehr Transparenz zu schaffen. Das würde, neben der notwendigen Kontrolle, auch eine Entlastung bedeuten für einen der härtesten Jobs, die es gibt.

"Freund, Helfer und Vorbild" solle der Lehrer sein, schrieb Hartmut von Hentig in seiner Stellungnahme zu den Missbrauchsvorwürfen gegen seinen Freund Gerold Becker. Das verkennt die Realität, in der ein Machtgefälle existiert zwischen Lehrer und Schüler. Freundschaft ist ein utopisches Ziel für eine Beziehung, die sich auf Lehre und Bewertung stützt und in der aus notwendigem Respekt schnell Angst werden kann.

"Erziehung muss ein Lebensraum sein", sagt von Hentig, Schule solle "Erfahrung mit der Gesellschaft enthalten". Diese Antwort auf den Vorwurf des Missbrauchs gegen seinen Kollegen und Freund stellt jemanden, der sich 40 Jahre lang der Reformpädagogik gewidmet hat, ein ziemlich trauriges Zeugnis aus. Gerade einem Lehrer muss bewusst sein, welche Position er innehat und dass seine Rolle ihm Macht verleiht. Die Gefahr, dem Schüler zu nahe zu treten, muss er einschätzen können und verhüten. Nicht der Schüler, denn er ist nicht in der Lage, Nein sagen zu können.

Frauke Böger ist Volontärin im Inlandsressort der taz.

CONTRA

Etwa 5 Prozent von über 700.000 Lehrkräften in Deutschland fügen ihren Schülerinnen und Schülern - durch Bloßstellungen oder Gemeinheiten - wiederholt psychische Verletzungen zu. So lautet das Ergebnis einer Schülerbefragung durch das Kriminologische Forschungsinstitut, Hannover. Weniger als 1 Prozent der Befragten berichten, dass sie von Lehrkräften wiederholt geschlagen wurden.

Seelische und körperliche Gewalt oder sexuelle Übergriffe durch Lehrkräfte sind abscheulich und durch nichts zu entschuldigen. Sie sind schlimm für die Betroffenen und belasten den gesamten Berufsstand. Aber es ist ein Irrtum zu glauben, dass der Machtmissbrauch im Lehrerberuf angelegt sei. Macht verführt. Aber wenn Lehrkräfte ihre Macht gegenüber Abhängigen missbrauchen und gewalttätig werden, sind das unverantwortliche und durch nichts zu entschuldigende Handlungen erwachsener Menschen, deren Berufsethos unterentwickelt ist. Die vielen hunderttausend Lehrerinnen und Lehrer, die nicht gewalttätig sind, zeigen, dass es anders geht. Mittlerweile erkennen die allermeisten Lehrkräfte an, dass sie gewaltfrei erziehen müssen.

Die Gewerkschaft GEW setzt sich für berufsethische Grundsätze ein, wie sie die Bildungsinternationale (BI) beschreibt. Dort heißt es: "Im Bildungswesen Beschäftigte (…) setzen sich für die Interessen und das Wohlergehen ihrer SchülerInnen/StudentInnen ein und bemühen sich nach Kräften, sie vor Drangsalierungen und physischem oder psychischem Missbrauch zu schützen, unternehmen alles, um ihre SchülerInnen/StudentInnen vor sexuellem Missbrauch zu schützen."

Nein, im Lehrerberuf ist der Machtmissbrauch ebenso wenig angelegt wie bei Polizisten oder Ärzten. Dass so viele Kinder und Jugendliche in pädagogischen Einrichtungen misshandelt und missbraucht wurden, ist jedoch auch für uns als Gewerkschaft ein Weckruf. Er erinnert daran, dass sich die pädagogischen Professionen immer wieder intensiv mit ihren berufsethischen Grundsätzen und konsequent mit schwarzen Schafen in ihren Reihen auseinandersetzen müssen.

Marianne Demmer ist stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW.

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20 Kommentare

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  • A
    anke

    Non vitae, sed scholae discimus. Seneca

     

    Im Althochdeutschen, im Altslawischen und im Gotischen hat das Wort Macht soviel wie Können, Fähigkeit oder Vermögen bedeutete. Übrig geblieben ist davon kaum etwas. Man braucht heute eigentlich gar nichts mehr besonders gut zu können und man muss auch keine besonderen Fähigkeiten mehr besitzen, um mächtig zu sein. Nur das Vermögen, das kann immer noch nicht schaden. Heutzutage nämlich bedeutet Macht laut Lexikon, im eigenen Sinn und Interesse auf das Verhalten und Denken anderer oder auf die Umwelt einwirken zu können. Wer aber könnte in einer Marktwirtschaft besser einwirken als jemand, der richtig, richtig Knete hat? Genau! Der Missbrauch steckt im Übrigen bereits in der Formulierung "im eigenen Interesse".

  • NB
    Norman Bates

    Die Lehrkraft unterrichtet.

    Die Lehrkraft prüft die Schülerinnen mündlich und in Klassenarbeiten.

     

    Darin liegt der Grundfehler, da die Lehrkraft immer auch ihre eigene Fähigkeit zur Wissensvermittlung mit prüft.

     

    Durch eine unabhängig Prüfung der Lehrkräft und Schülerinnen kann das geschlossenen System "Schule" zur Qualitätsverbesserung geöffnet werden.

  • G
    Gloria

    Überall und zu allen Zeiten gab und gibt es Menschen,die ihre Poition der Macht nicht korrekt einschätzen können!

     

    Kinder müssen von Anfang an "funktionieren" und sich gnadenlos einpassen können in den Klassenalltag, da weder Freiraum,denn Geduld von den oft überforderten Lehrern vorhanden ist.

     

    Sehr lebendige neugierige Kinder, auch anfangs noch unruhige oder jene, die gelegentlich ein gutes, ermunterndes Wort bräuchten, gelten meist sofort als anstrengend!

     

    Und wie schnell heißt es, ein Kind sei hyperaktiv oder komisch... .

     

    Viele Lehrer sind inzwischen selbst überfordert und hilflos bei dem Bildungs-Notstands-Land Deutschland:

     

    Dürfen aber nicht ihre Schwächen auf die noch Schwächeren abladen!

     

    Ich kann allen Eltern nur raten für und mit dem Kind zu kämpfen,wenn es "sogenannte" Probleme in der Schule gibt und wenn es sein muß,bis zum Rektor zu gehen.

  • PE
    Philomena Erhard

    Liebe TAZ,

    ich finde es reicht jetzt! Es muss in diesem Zusammenhang nicht weiterhin immer wieder das Photo der Odenwaldschule gezeigt werden. Diese Schule hat tausende Schüler unterrichtet und vor allem unterrichtet diese auch derzeit. Es ist für die jetzigen Schüler und Lehrer eine Zumutung, wie die Presse und leider auch die TAZ sensationsgierig nicht enden wollende umgeht. Der gesamt Schulbetrieb leidet darunter und eben vor allem die Schüler. Sie lieben nämlich ihre Schule.

    Also, warum heute wieder ein Photo der Odenwaldschule?

    Gruß

    Philomena Erhard

  • L
    LJW

    Die Einschätzung von Frau Demmer bezüglich Machtmissbrauch ist im besten Fall naiv, besonders wenn zum Vergleich Ärzte und Polizisten herangezogen werden, mit deren anmaßendem Verhalten jeder selbstbewußte Mensch wohl schon öfter Schwierigkeiten hatte.

    Doch ihre Einschätzung wirft ein bezeichnendes Licht auf die Charakterstärke und Realitätssicht von Lehrern, von der Autoritätsgläubigkeit mal ganz abgesehen.

    Jede Untersuchung über Lehrer und Menschen, die sich unter bundesdeutschen Bedingungen zu diesem Beruf hingezogen fühlen, zeigt, dass das System die Falschen anlockt.

    Beamtenstatus, Extremistenerlass, Schulbürokratie, phantasielose Unterrichtsvorgaben, kleinkariertes Statusdenken, Hang zur Besserwisserei verbunden mit kommunikativer Inkompetenz bezüglich sachlicher Diskussion, Weltfremdheit derer, die nie etwas anderes als Schulen kennengelernt haben, geringes Wissenschaftsverständniss, aber gute Fähigkeiten im Auswendiglernen und Anpassen, sorgen dafür das es kaum fähige Lehrer gibt.

    Wer es trotz der falsch akzentuierten Ausbildung denoch ist, wird im Lehrerzimmer gemobbt, von der Bürokratie schikaniert oder von hedonistischen Eltern solange genervt, dass er bei der erst besten Gelegenheit die Schule gegen innovativere Berufsmöglichkeiten tauscht.

    Was unsere Kinder unterrichtet ist dann zumeist der traurige Rest, der weder fachlich besonders kompetent ist noch wirklich Ahnung von Pädagogik hat, von rudimentären Kennnissen in Entwicklungpsycholgie gar nicht zu reden.

    Diese Menschen dürfen dann unsere Kinder unterrichten.

    Eigentlich ist es eher verwunderlich, dass nicht noch mehr passiert ist...oder wissen wir`s noch nicht?

    Jedenfalls bedarf das ganze System einer Änderung und Öffnung nach außen, denn sonst wird sich absolut nichts ändern.

  • O
    otto

    Der Machtmissbrauch ist im Menschen angelegt!

  • I
    Irene

    Ist der Machtmissbrauch im Journalistenberuf angelegt? Gerade die gegenseitige Abhängigkeit in Redaktionen, die gemeinsame politische Prägung, finanzielle Abhängigkeit vom Arbeitgeber und Anzeigenschalter, sexuelle Anzüglichkeiten im gemeinsamen Umgang in Büros, Ausbeutung von Studenten und Studentinnen und der übliche Chorgeist sind ein Fundambent für Gewalt und Missbrauch.

     

    Am Besten wäre es, die Deutschen würden aussterben, dann gäbe es auch keinen Missbrauch.

  • OC
    Otto Chili

    "Etwa 5 Prozent von über 700.000 Lehrkräften in Deutschland fügen ihren Schülerinnen und Schülern - durch Bloßstellungen oder Gemeinheiten - wiederholt psychische Verletzungen zu. So lautet das Ergebnis einer Schülerbefragung durch das Kriminologische Forschungsinstitut, Hannover. Weniger als 1 Prozent der Befragten berichten, dass sie von Lehrkräften wiederholt geschlagen wurden."

     

    Sind also immerhin nur 35000 LehrerInnen, die Schülerinnen und Schüler psychisch verletzen. Dann kan das Problem ja getrost beiseite gelegt und totgeschwiegen werden. Und dass in einem Land, das den Anspruch einer "aufgklärten" Nation hat, immer noch hunderte oder sogar tausende (Dunkelziffer...) Lehrer immernoch Schläge als "Erziehungs"- bzw. "Lehrmassnahmen" missbrauchen, sollte vernunftsorientierten Menschen ebenfalls zu denken geben.

     

    Das Zitat

     

    "Mittlerweile erkennen die allermeisten Lehrkräfte an, dass sie gewaltfrei erziehen müssen."

     

     

    tut sein Uebriges zur Beurteilung der ganzen Misere, in der sich nicht nur unser Bildungssystem befindet.

  • LS
    Ludwig Schönenbach

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Der Machtmissbrauch in der Schule, der leider nicht zu leugnen ist, ist natürlich nicht im Lehrerberuf angelegt, sondern in dem für Deutschland typischen System Schule.

    Schon die oft kasernenartige Unterbringung erzeugt ein Gefühl der Bedrückung.

    Fatal aber ist die Kombination von Zensurengebung und Lehrauftrag. Da der Lehrer Leistungen und Verhalten der Schüler pausenlos bewerten muss, entsteht für viele Schüler ein Leistungsdruck und eine Atmosphäre der Angst, die sein Lernverhalten negativ beeinflussen. Durch die naturgemäß immer wieder fehlerhaften Bewertungen wird das Verhältnis zum Lehrer belastet und in vielen Fällen das Vertrauen zum Lehrer beeinträchtigt.Da unter diesen Umständen ein unbefangenes, angstfreies und kooperatives Verhalten. wie ein moderner Unterricht es erfordert,bei vielen Schülern nicht entstehen kann, muss der Lehrer die Zensuren immer wieder als Druckmittel benutzen. Das wiederum führt dazu, dass nicht der Lern- und Erkenntnisgewinn, sondern die gewünschten Zensuren bei vielen Schülern im Vordergrund steht. Man sagt nicht mehr, was man denkt oder für richtig hält, sondern das, was der Lehrer "erwartet". Auf diese Weise wird Lernen zu einem formalen Prozess, der weder zu optimalen Lernergebnissen noch zu Zivilcourage und einer begründeten eigenen Meinung führt .

    Also Schluss mit dem Lernzwang: Die Schüler müssen selbst lernen und entscheiden, was und wie sie lernen wollen, wie es in den "freien Schulen" bereits geschieht!

  • F
    Fofi

    Jawoissadenn, mein Kommentar, den ich heute Vormittag hier eingegeben habe?

  • DS
    Dina Schneider

    gemäß dieser Zahlen:

    1 Prozent von 700.000 Lehrern macht 7000 Lehrer, die Schüler WIEDERHOLT körperlich missbrauchen, also nicht eingerechnet sind diejenigen, die nur hin und wieder körperliche Gewalt ausüben. Bei 30 Berufsjahren sind das eine ganze Menge Schüler, die hier nicht geschützt werden. Interessieren würde mich wie viele. Darüber scheint es aber keine Zahlen zu geben, oder?

     

    Zudem: 5 Prozent, die psychische Gewalt ausüben: 35.000 Lehrer. Wie viele Schüler müssen da im Laufe eines Lehrerlebens leiden?

  • F
    Fate

    Bei dem Contra-Artikel fehlen mir Belege! Es wird nicht begründet, weshalb der Beruf der Polizisten nicht für Machtmissbrauch angelegt ist, das gleiche gilt für Lehrer. Außerdem: 1% Gewalt anwendende Lehrer sind 1% zu viel!

  • H
    heine

    was pro angeht, würde mir noch einfallen, daß der lehrer sexuelle distanz zu seinen schülerInnen halten sollte...und sich selbige von ihnen erwartet für ein gutes miteinander. nicht nur freund, helfer und vorbild sein, auch sein eigener selbstbewußter mann. man brauch schon gewissen berufsethos für den "härtesten beruf" der welt. ich wollte damit nicht sagen, nicht daß pädagogik harte arbeit ist. ;)

  • F
    Fofi

    Kirche und Militär beschreibt Le Bon, einer der Urväter der Psycholgie, als künstliche Massen, die hierarchisch organisiert sind. Hierarchie heißt 'Heilige Ordnung' und wird auffallenderweise für die beiden unheiligen Machtstrukturen verwendet, die von angstbefreiten Opfern endlich ins Gerede gebracht wurden.

    In den öffentlichen Schulsystemen gibt es leider auch erbärmliche Karrieristen und Karrieristinnen, die erst mobben, und als Machtinhaber dann bossen. Es ist eine Qual, in solchen Bedingungen arbeiten zu müssen. am besten hält man sich an die Regel: "Grüße jeden Idioten. Er könnte morgen dein Chef sein."

  • L
    Lemim

    Frau Böger beweist sehr schön, dass jeder / jede glaubt, sich über Schule qualifiziert äußern zu können. Schließlich waren wir ja alle mal in der Schule und sind somit Experten.

    Woher nimmt Frau Böger ihre Thesen über Klassen- und Lehrerzimmer? Was qualifiziert sie zu solchen Äußerungen.

  • R
    Rod

    Für meine Schwester und mich war vor allem die Zeit in der Grundschula das reinste Trauma. Die Lehrerinnen ins unserer beiden Klassen haben im Unterricht nur ihre 3, 4 Lieblinge drangenommen und den Rest der Klasse links liegen lassen. Dann hatten sie noch 3, 4 Schüler, die sie garnicht leide konnten. Die wurden aktiv schikaniert.

     

    Die Lehrerin meiner Schwester erwartete regelmäßig Geschenke von den Schülern. Wer keine Geschenke brachte bekam schlechte Noten. Bei den Geschenken schnitt die Tochter von der örtlichen Blumenhändlerin am besten ab, weil diese immer aufwändige Blumensträuße mitbrachte. Das mit den Geschenken ging so lange, bis sich meine Schwester bei meinen Eltern beschwerte, weil ihr Taschengeld für die Geschenke an die Lehrerin nicht mehr reichte. Meine Mutter beschwerte sich beim Rektor, der dann am Geburtstag der Lehrerin ins Klassenzimmer kam und sie inflagranti beim Einkassieren der Geschenke erwischt hat.

    Danach hatte die Schenkerei ein Ende. Leider war unsere Mutter beim Besuch des Rektors gesehen worden. Der Terror, den diese Lehrerin danach gegen meine Schwester entfachte war so schlimm, dass sie in die Parallelklasse wechseln mußte.

     

    Bei mir war es nicht ganz so dramatisch. Da mußte nur jeder Schüler am Ende des Unterrichts mit einem Stempelheft antanzen. Das ging so, dass die Klasse in einer Reihe anstehen und jeder sein offenes Stempelheft vor sie hinlegen mußte. Die Lieblinge der Lehrerin bekamen jedesmal einen Stempel rein, bei den anderen hat sie einfach zur Seite geschaut und garnichts gemacht, solange bis man bedröppelt das Stempelheft wieder genommen hat und gegangen ist. Über mich verbreitete sie die Lüge, dass ich hyperaktiv sei und verlangte von meiner Eltern, dass sie mich im Unterricht mit Medikamenten ruhigstellen.

     

    Allerdings gab diese Lehrerin einen Kurs in der Volkshochschule. Dieser wurde nach wenigen malen abgebrochen, weil diese Lehrerin so schlimm unterrichtete, dass die Kursteilnehmer nach dem dritten mal nicht mehr kamen. Demzufolge lag auf der Hand, warum der eine oder andere Schüler bei solch schlimmen Unterricht unruhig wird.

     

    Aus meiner eigenen Erfahrung finde ich:

    1. In jedes Klassenzimmer gehört eine Kamera mit Tonübertragung, damit sich die Eltern jederzeit ein Bild vom Verhalten des Lehrers den Kindern gegenüber machen kann.

    2. Fremdbewertung und die Schule in ihrer heutigen Form ist ohnehin nur Mittel der "Auslese" statt der geizielten Förderung von Begabungen und ein Mittel um Kinder mundtot zu machen und in eine Form zu pressen wie sie der kapitalistischen Wirtschaft am genehmsten ist. Schule wie sie heute noch existiert gehört abgeschafft.

  • GW
    Gerhart Wiesend

    Was für ein Schmarrn in einer Zeitung heutzutage stehen darf!

    Eine Schule als geschlossenes System zu bezeichnen, ist nichts als Schwachsinn. Da gibt es jeden Tag mindestens 20 Zeugen, die jedes Wort und jede Tat eines Lehrers nach außen tragen.

     

    Etwas anders verhält es sich mit einem Internat, in dem andere Verhältnisse herrschen. Doch auch dort gibt es heute Internet und Mobiltelefone, was Ihre Volontärin offensichtlich noch nicht zur Kenntnis genommen hat.

    Das größte Problem mit unseren Schulen war bisher, dass Laien (= Politiker) über ihr Schicksal entscheiden. Deren einzige Qualifikation ist, das sie einst selbst zur Schule gingen.

    Jetzt kommen noch JournalistInnen dazu, die glauben, sich qua Berufung zu Bildungsexperten ernennen zu können.

    Es gibt wohl kaum einen Beruf, in dem schwarze Schafe, die es leider gibt, so schnell auffliegen wie im Lehrerberuf. Ich wünschte mir, bei JournalisInnen wäre es genau so.

     

    G.W. Oberstudienrat a.D.

  • D
    DustSucker

    "Nein, im Lehrerberuf ist der Machtmissbrauch ebenso wenig angelegt wie bei Polizisten oder Ärzten."

     

    Was Marianne Demmer hier als Argument gegen eine Öffnung nach außen anführt, ist selbstentlarvend:

    Wie oft berichtet die taz über polizeiliche Übergriffe, die deswegen nicht geahndet werden, weil die Untersuchungen von Kollegen durchgeführt werden. Wie oft bleiben ärztliche Kunstfehler ungeahndet, weil auch in der Ärzteschaft ein unseliger Korpsgeist herrscht. - Versuchen Sie mal in einem Kunstfehlerprozess ein substantielles Gutachten zu bekommen.

     

    Dass eine reine Ständevertreterin - und nichts anderes ist Frau Demmer - natürlich alles unter dem Deckel halten will, zeigt wie reformierungsbedürftig Gewerkschaften sind.

     

    Dass es trotz berechtigter Wahrnahme berufsspezifischer Prozesse auch anders geht, zeigen andere Berufsgruppen:

    Netzwerk-Admins in großen Firmen lassen sich selbstverständlich von einer höheren Instanz kontrollieren (Tiger-Teams); Psychater müssen nach einer bestimmten Zeit selbst wieder auf die Couch.

    Selbst dies ist kein Garant für Missbrauchsfreiheit, aber immerhin ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

     

    Warum die Überprüfung von neutraler Stelle nicht auch für Lehrer gelten soll, kann ich nur mit Besitzstandswahrung erklären

  • S
    systemix

    Es hat mich schon gewundert, dass es so lange dauerte, bis die Missbrauchsfälle für eine allgemeine Jagd auf Lehrer instrumentalisiert werden. Der Begriff Machtausübung ist zur Beschreibung der beruflichen Tätigkeit von Lehrern geradezu lächerlich. Schröders Geseire von den "faulen Säcken" gefällt natürlich dem Volk, denn Lehrer genießen in Deutschland kein Ansehen. Dass dazu die Alt-68er selbst beigetragen haben, steht auf einem anderen Blatt. Gerade die von den Pädagogen gefürchteten Türken sind aus ihrer Heimat ein völlig anderes Lehrerbild gewohnt. Die Schule an sich steht unter dem Beschuss von Eltern einerseits, die zwar bewiesen haben, dass sie Kinder produzieren können, aber nicht wissen, wie man sie erzieht. Andererseits achtet die übergeordnete Ausfsichtsbehörde peinlich darüber, dass die vorgegebene Unterrichtsmangelwirtschaft nicht durch zu geringe Schülerzahlen konterkariert wird. Der Streit um neue Schüler wird auf kommunalpolitischer Ebene offen ausgetragen und nennt sich "ranking". Da stellt sich die Frage, wo hier ein Platz für Machtausübung noch besteht?

     

    Ach ja, die bösen Zensuren. Das ist verständlich, wenn verhaltensauffällige Kinder noch durch schlechte Noten demotiviert werden. Schließlich haben die permanenten Störer ein ADS-ADHS Syndrom, während die anderen Verhaltensgstörten hochbegabt sind und nur die bornierten Lehrer dies nicht erkennen, was sicherer Mutterinstinkt längst weiß. Also wird intern von der Schulleitung die Devise ausgegeben, man müsse genauestens nachweisen, ob etwa ein "mangelhaft" gerechtfertigt sei. Im Zweifelsfalle winkt dann die "pädagogische Vier". Dieser Schwachsinn wird sogar noch fröhlich von der Schulaufsicht mitgetragen, wo ein hoher Beamter sich zu einem Fall äußerte, wenn seine Kinder schlechte Noten nach Hause trügen oder gar Sitzenbleiben drohe, würde er sofort dagegen klagen und er sei sicher, er käme damit spielend durch. Das nenne ich Machtausübung.

     

    Was hinter geschlossenen Klassenzimmertüren abläuft, würde so manche Mutter in höchste Verwunderung versetzen. Denn das zarte, sensible Kind zu Hause benimmt sich hinter der besagten Tür wie die Axt im Walde und offenbart durch einen reichhaltigen Wortschatz aus der Genitalgegend, dass es durchaus weiß, wie einschläige Pornoseiten im Internet aufgerufen werden können.

     

    Womit wir bei der Debatte wieder angekommen wären. Zum gern so kleingeredeten Beruf des Lehrers gehört durchaus das Bewusstsein, dass es eine besondere Verantwortung für den Lehrer gibt, den Grat zwischen notwendiger Nähe und notwendiger Distanz zum Schüler zu beschreiten. Erst bei Vorfällen wie am Gutenberggymnasium wird dann vom Lehrer frühzeitige Intervention gefordert. Aber eine pauschale Denunziation von Pädagogen führt nur dazu, dass sich weiterhin nur solche jungen Menschen für den Lehrerberuf entscheiden, weil sie nichts besseres finden, oder so bequem Schwangerschaft mit Beruf vereinbaren können. Die aber dafür wirklich Begabten werden sich dankend abwenden und ein weniger vermintes Gelände aufsuchen.

     

    In den Kindergärten hat eine solche Form der Debatte dazu geführt, dass männliche Erzieher mit der Luoe zu suchen sind.

    Aber darauf kann man sich verlassen. Bildungspolitik bleibt weiterhin das Letzte, wofür sich Politik ernsthaft engagiert. Das macht ja auch nichts. Wenn es gerade zu einem Abitur mit Hängen und Würgen gereicht hat, dann kann man ja immer noch Jura oder BWL studieren.

  • W
    Werner

    Tja eine linke Vorzeigeschule eben, diese Odenwaldschule.

     

    Könnte es vielleicht doch sein dass Missbrauch überall geschieht wo Erwachsene mit Kindern arbeiten hmmmm...