Privatisierte Wasserbetriebe: Gewinne marsch!
Rekordgewinne bei Wasserbetrieben, finanziert durch hohe Preise . Nun wächst der Druck, die teilprivatisierten Werke zurückzukaufen.
Berlin wünscht sich die Wasserwerke zurück. Neun Jahre nach der teilweisen Privatisierung der Werke, in denen die Gewinne sprudelten und die Wasserpreise stiegen, spricht selbst die damals regierende CDU von einem Fehler: "Ich halte die Privatisierung von Monopolen für verkehrt, weil Private es nicht besser machen", bekannte der einstige Unions-Spitzenkandidat Frank Steffel am Montag im Wirtschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses. Er habe damals nur für die Privatisierung gestimmt, weil seine Partei mit einer privatisierungswütigen Finanzsenatorin koalieren musste. Die heutige einfache SPD-Abgeordnete Annette Fugmann-Heesing war abwesend und konnte nicht widersprechen.
"Wir Berliner wollen unser Wasser zurück": Die Bürgerinitiative "Berliner Wassertisch" sammelt bis Ende Januar Unterschriften für ein Volksbegehren. So soll der Senat zunächst gezwungen werden, alle bisher geheimen Verträge zum Verkauf der Wasserwerke offenzulegen. Bisher haben 25.500 Berliner unterschrieben. Die Initiatoren hoffen, dass in den nächsten 9 Tagen bis zum Ende der Abgabefrist noch 5.500 Unterschriften hinzukommen.
Ursache der gegenseitigen Schuldzuweisungen im Wirtschaftsausschuss sind die Rekordgewinne der Berliner Wasserbetriebe (BWB). Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) bestätigte am Montag die Meldung, dass die Betriebe 2007 einen Profit von 335 Millionen Euro einstrichen. Über die Hälfte davon, nämlich 185 Millionen Euro, können die privaten Miteigentümer RWE und Veolia für sich verbuchen, 150 Millionen Euro fließen in die Kasse des Landes. Bezahlt haben dafür die Verbraucher: In den vergangenen vier Jahren stiegen die Wasserpreise um 26 Prozent. Im bundesweiten Vergleich liegt Berlin mittlerweile auch nach Einschätzung des Vorstands der Wasserbetriebe in der Spitzengruppe. Nach einem Gutachten des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen bezahlen die Berliner mit 5 Euro pro Kubikmeter gut 60 Prozent mehr als die Kölner oder Münchener.
Und die Preiskurve wird auch 2008 und danach ansteigen, wie BWB-Vorstand Jörg Simon indirekt ankündigte: "Es wird nur leichte Preissteigerungen geben, die unterhalb der Inflationsrate liegen." Das heißt nichts anderes, als dass sich die Berliner auf weitere Erhöhungen ihrer Wasserrechnung um bis zu 2,5 Prozent einstellen müssen.
"Es gibt nichts schönzureden", sagte der Wirtschaftssenator und verwies auf rechtskräftige Verträge. Mit dem Vorstand der BWB ist sich Wolf darin einig, dass die 49,9-prozentige Privatisierung der Werke die Kosten für die Verbraucher in die Höhe treibt. Den Käufern RWE und Veolia wurde bei Vertragsabschluss 1999 nämlich eine jährliche Mindestrendite garantiert, indem ihnen ein fester Zinssatz auf das betriebsnotwendige Kapital zugesichert wurde.
Problematisch ist nicht nur, dass das Land diese Gewinnerwartungen bis 2028 erfüllen muss, selbst wenn es gegebenenfalls auf Teile des ihm zustehenden Gewinns verzichtet. Auch die Kalkulation der Preise ist undurchsichtig. Welche Wasserpumpen und Abwasserfilter als betriebsnotwendig angesehen und damit in die Kosten eingerechnet werden, steht in den Verträgen - und die sind geheim. Nur Parlamentarier dürfen sie in einem speziellen Zimmer einsehen, theoretisch jedenfalls. Praktisch klagt die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche gegenwärtig, um Einsicht in alle Verträge zu erhalten. "Ich suche danach, ob es nicht Möglichkeiten gibt, den Vertrag vorzeitig zu beenden."
Das fordert auch der Fraktionsvize der Linkspartei, Stefan Liebich: "Nur über die Rekommunalisierung kommen wir aus dem Dilemma raus." Das Land sei willig zu kaufen, doch gebe es derzeit keinen Verkäufer. Die privaten Miteigentümer wollen offenbar noch eine Weile in der Goldgrube BWB planschen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!