■ Press-Schlag: Ivan und Martina
Einmal im Leben als Wimbledonsieger fühlte sich Henri Leconte, nachdem er das Rasenturnier im westfälischen Halle gewonnen hatte. „Es gab ein Wimbledon, jetzt gibt es zwei“, schmeichelte er sich bei den Veranstaltern des deutschen Grand Slam- Plagiats ein, doch bereits in der nächsten Woche könnte ihm die bittere Erkenntnis dämmern, daß es eben doch nur einen heiligen Rasen gibt – den an der Londoner Church Road. Dort wird Leconte kaum gewinnen, und in diesem Jahr dürfte ihm sogar der Sonderpreis der Jury für den dicksten Hintern entgehen. Den erhält, kein Zweifel, Tennisbär und Titelverteidiger Andre Agassi, nach langer gewichtstreibender Rekonvaleszenz heuer wohl auch kein Kandidat für den Wimbledon-Triumph.
Wer aber dann? Boris Becker? Der fliegt in der ersten Runde gegen Marc-Kevin Goellner raus. Jim Courier? Wird disqualifiziert, weil er seine Baseballkappe falsch rum aufsetzt. Pete Sampras? Schulter kaputt. Michael Stich? Nicht schon wieder! Stefan Edberg? Neuerdings zu emotional! Goran Ivanisevic? Neuerdings zu wenig emotional! Also? Keine Frage: Ivan Lendl, der Rudolf Scharping von Wimbledon, steht vor seinem größten Coup.
Wesentlich einfacher liegt die Sache bei den Frauen. Die Schlagzeilen der englischen Presse werden wie immer Monica Seles gehören („Seles: Schwanger durch Messerstich?“, „Handelte Attentäter im Auftrag von Peter Graf?“, „Schwanger durch Peter Graf?“), Steffi Graf kann zwar nicht laufen, aber fürs Finale reicht es allemal. Es gewinnt: Martina Navratilova in Hosen. Danach löst sich der „All England Lawn Tennis and Croquet Club“ beschämt auf und Wimbledon wird endgültig nach Halle verlegt. Matti
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