■ Press-Schlag: Der DFB, das Geld und die Schweine
Kürzlich barg der Kicker einen bahnbrechenden Vorschlag. „Den Wutausbruch des 22jährigen“, war da in einem Artikel über den SV Waldhof Mannheim zu lesen, „ahndete der Schiedsrichter zunächst nur mit Geld.“ Große Klasse! Warum auch sollte es auf den Fußballfeldern anders zugehen als im Straßenverkehr? „Hallo Sie, Nummer 7“, würde der Schwarzrock künftig rufen, „einmal Sperren ohne Ball, macht 20 Mark. Und wenn's geht passend bitte, vier Ihrer Kollegen mußte ich bereits einen Hunderter wechseln.“
„Ej, hat von euch einer 'nen Zehner“, brüllt die 7, „kriegt er bestimmt gleich in der Kabine zurück.“
„Herrgott, so gib ihm doch Deine goldene Kreditkarte“, tobt sein Kapitän, „wir haben sie so schön unter Druck.“
„Tut mit leid“, sagt der Schiri und gibt der 7 eine Quittung, „aber bei Beträgen unter 500 DM bin ich angewiesen, bar zu kassieren.“
Ja, so könnte es sein. Die Profikicker würden anstelle ihrer albernen Goldkettchen Brustbeutel aus dem Trampershop tragen, gefüllt mit wohlsortierten Scheinen, und der Deutsche Fußballbund (DFB) spendete die Kollekte jedes Spieltags an die Krebshilfe, Terre des hommes oder sonstwen. Hartnäckige Sünder müßten bei einer aufgelaufenen Summe von 3.000 Mark zu einer Art Verkehrserziehung und dort nach der schriftlichen Prüfung der DFB-Regeln Vorträge anhören wie „Den Mitmenschen im Konkurrenten sehen“ (Referat: Pastor Egidius Braun); Unbelehrbare wären angehalten, samstags mit Sandwichplakaten „Fair geht wirklich vor“ durch Fußgängerzonen zu streifen – ohne Autogramme geben zu dürfen.
Ach ja, das wäre was. Und nötig dazu. Wird denn nicht derzeit gebolzt, daß die morschen Knochen krachen? Hei, dort jaulen die Adduktoren, und hier brüllt gequält das Wadenbein. Immer druff, und zwar feste! Vier Klubs haben abzutreten aus der Beletage nach dieser Saison und sieben gar aus der 2. Liga, da wird das Überleben verteidigt mit Stollen und Klauen. Warum also die Blutgrätscher und Kung-Fu-Flieger nicht beim Liebsten nehmen: dem Mammon.
Leider nur, der Kicker meint's nicht so. Das Fachblatt für Sprachtölpeleien hat einen Druckfehler geliefert, mehr nicht. Weshalb eine Idee der Süddeutschen Zeitung aufgegriffen werden soll, die in einem Artikel über die Nöte von Schiedsrichtern (17.Oktober) vom „Schweinwerferkegel“ schrieb. Ein Druckfehler allerdings auch hier; muß nämlich heißen: Schweinwerferkugel.
Ob die echt helfen würde? Und vor allem: wie man sich das vorzustellen hat? Also, da tritt der Schulz dem Scholl brutal in die Hacken, der schreit „Du dumme Sau“, Pfiff ertönt, und schon wird der Schulz von einer kameraähnlichen Maschine (dem Schweinwerfer) mit einem Ferkel (bei minderen Vergehen aus Stoff, den Vegetariern zuliebe) befeuert. Und bei Notbremsen etwa werden genmanipulierte Riesenschweine geschleudert (aus großen Boden- Luft-Schweinwerfern).
Gewaltiges Tohuwabohu. Die Zuschauer rufen „Raus, du Sau“, und keiner weiß, wer gemeint ist, Matthäus umklammert mit beiden Armen das Ferkel und will es fürs neue Kind mitnehmen („IsderLodarMaddäusderKapidänodernichd?“), Aumann schreit „Schweinerei“, ein DFB-Ordner reißt im Gezerre dem Tier ein Ohr ab, und Beckenbauer nimmt auf der Tribüne zwei Esoterikkugeln aus der Manteltasche und wendet sich mit Grausen: „Ein Saustall, dös.“
Nun gehen dem Kommandanten der DFB-Schweinwerferstaffel unerklärlicherweise die Nerven durch. Er will sich von Posten II (Südtribüne) die Lage am Feldtelefon schildern lassen, drückt aus Versehen den roten Knopf, löst damit den Totalschlag (Aktion Schweinebacke) aus, worauf sämtliche vierzehn Batterien Ferkel, Monstersauen und hauerbewehrte Eber auf den Rasen speien, wo Spieler, Getier und Schiedsgericht herumpurzeln, während sich Uli Hoeneß Gedanken macht, wie er den ganzen unverhofften Segen am Fleischbeschauer vorbei in seine Wurstfabrik schaffen kann...
Ja, so könnte es zugehen, wenn der DFB nicht so konservativ wäre und die wegweisenden Ideen von Kicker und SZ ablehnte. Eines Tages aber (ganz bestimmt) kommt der Druckfehlerteufel an die Macht – und dann sitzen wir im Stadion und sagen mit den Jungs von Sat.1: So schön kann Fußball sein! Herr Thömmes
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