■ Press-Schlag: Vibrators Aus
Einmal noch hat er den Vibrator gemacht, ein letztes Mal. Hat noch einmal den Muskel im rechten Oberschenkel wild zucken und zappeln lassen, als wäre er an einen elektrischen Weidezaun geraten. Und die linke Pobacke dazu, der Ausgeglichenheit wegen. Das hat er immer so gemacht, der Carlo Thränhardt, wenn er konzentriert dastand vor dem Anlauf, und überall: am erfolgreichsten aber in der Schöneberger Sporthalle, wo er am Freitag abend seinen Abschied nahm von Berlin. Hier ist er Weltrekord gesprungen vor fünf Jahren, 2,42 Meter hoch. Meist hat er Herbert Grönemeyer auflegen lassen, früher, dann hielt er den Daumen hoch: Musik lauter!, und wenn's dann so richtig gedröhnt hat, kam der Vibrator, und dann kam Thränhardt.
Aus und vorbei. Beim letzten Auftritt in Berlin hat's zu nichts mehr gereicht. Vier, fünf Schritte Anlauf nur, damit kommt keiner über 2,30 Meter. Dann der Griff an den schmerzenden Haxen, mit 35, da klappern die morschen Knochen. Also hat er sich angeguckt, was die Nachfolger können. Hat einen Hendrik Beyer gesehen, der 2,36 Meter flopte und gewann, und einen Ralf Sonn, der bei gleicher Höhe mehr Versuche brauchte. Dann hat er parliert mit dem, obwohl er vor Jahren gesagt hat, „der gehört nie zu uns“. Vielleicht macht das sportliche Ende ja sentimental. Fast träumerisch lächelnd saß der Alte da, wie immer Zigaretten und Feuerzeug griffbereit, und hat er nicht tatsächlich ein paarmal trocken geschluckt?
Aus und vorbei. Es kann einer nicht aussehen wie ein mit Keith Richards gekreuzter Alligator, und mit den Jungen um den Sieg streiten wollen. Also hat er das Trikot zusammengefaltet, er braucht's nicht mehr.
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