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■ Press-SchlagSki alpin: Schneller mit Schweinshaxn?

Ernährungsberater aufgepaßt! Es sagt die Skipilotin Ulrike Stanggassinger: „Vielleicht sollte ich bis Olympia ein paar Schweinshaxn essen.“ Was in die Dame aus Berchtesgaden gefahren ist? Sie möchte, zwecks Verbesserung ihrer Chancen in der Abfahrt, Pfunde zulegen. Pumperlrund zum Erfolg also, weil's Mehrgewicht beschleunigend auf die Bretter drückt. Daher die Idee mit der Haxnmast, eine Art Frustfraß für die Zurückgebliebenen von Lillehammer. Die deutschen Frauen, sieggewohnt in der schnellsten alpinen Disziplin, sehen für '94 die Medaillen schwinden: Strecke zu flach, da kommen sie nicht in Fahrt.

Es herrschte eisige Stimmung dieses Wochenende im Weltcuptroß. Gut elf Monate vor Beginn der Winterspiele wurde die Olympiastrecke am 1.000 Meter hohen Hafjelltoppen gründlich verrissen. Manch eine Athletin wähnte sich nicht in der Königsdisziplin der Alpinen, sondern bei einer zweitklassigen Langlaufveranstaltung — eine Sportart, die den Norwegern sicher auch besser liegt. Nix für Freundinnen technischer Schwierigkeiten, die Abfahrt wird hier bei schier endlosen Gleitpassagen durchs Körpergewicht und das Material entschieden. Gut für die Kanadierin Kate Pace, die in Morioka schon überraschend Weltmeisterin wurde und nun ihren ersten Weltcup gewann (wären Spiele mit Namen nicht verboten, es ließe sich räsonieren darüber, warum's Frau Geschwindigkeit gerade langsam mag).

Stanggassinger jedenfalls war stinksauer. Ein zwölfter Platz, Regina Häusl und Katja Seizinger direkt vor ihr plaziert, da blieb nur die Schelte an den Ski-Weltverband FIS: „Wir sind nicht mehr bereit, auf solchen Strecken zu fahren.“ Taten sie aber doch, nur beim Training hatten die Besten gestreikt, am Samstag fuhren sie hinterher. Trotzdem war die für zu leicht befundene Stanggassinger „stolz“ auf die Aktion, „das ist das erste Mal, daß wir uns zusammengeschlossen haben“, nur: Ob's reicht, um auf die Herren-Piste von Kvitfjell umziehen und dort fahren zu dürfen? Seizinger sagt, „wir werden weiterbohren“, und Cheftrainer Mutschler bestätigt, „das ist eine Kinderabfahrt“.

Klar, daß die Siegerin die Sache anders sieht. „So langweilig ist die Strecke gar nicht. Vielleicht ist es nicht fair, hier in Hafjell eine Olympia-Abfahrt zu starten. Aber ist es fair, wenn ich auf der Strecke in Kvitfjell fahre?“ Nicht für Kate Pace, gewiß, doch ob's im sportlichen Sinne ist, die Medaillen nach der Kunst der Brettlwachser zu vergeben? Denn auch Rosi Renoth, als beste Deutsche erfreut über ihren achten Rang, gibt zu: „Reine Materialsache.“ Gut, daß Hans Mutschler weiß, wie er verknatschte Athletinnen wieder aufrichtet: „Jetzt gibt's einen bunten Abend und dann sind wir wieder luschtig.“

Weg mit dem Ärger, her mit den Schweinshaxn! Thomas Samboll/-thöm-

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