■ Press-Schlag: Renitenter Offizier
Er hat einfach nicht den rechten Respekt vor der Obrigkeit, dieser Jörg Hoffmann aus Potsdam, Schwimm- Doppelweltmeister 1991. Bei den Trainern fängt das an: Den Mund fusselig geredet haben die sich früher, er solle sich doch den Schädel scheren, um dem Wasser weniger Widerstand zu bieten und schneller von Beckenrand zu Beckenrand zu kommen. Hoffmann verweigerte sich und zierte den Kopf nicht nur mit einem Schopf, sondern auch mit einem Dreitagebart. Aneinandergeraten ist er öfter mit den Übungsleitern, spektakulär vor zwei Jahren, als er Bundestrainer Manfred Thiesmann der Unfähigkeit zieh. Mit dem liegt er jetzt wieder über Kreuz, und dazu noch mit der Bundeswehr, bei der Hoffmann als Stabsunteroffizier tätig ist. Thiesmann nämlich, Bundeswehrbeauftragter des Deutschen Schwimm-Verbandes, hat angeordnet, Hoffmann solle „aus dienstlichen Gründen“ seine Potsdamer Sportfördergruppe verlassen und in den nordrhein-westfälischen Bundeswehrstützpunkt Warendorf umsiedeln. Aber der Schwimmer widersetzte sich dem Marschbefehl. Seinen Vertrag beim OSC Potsdam habe er zu erfüllen, außerdem sei endlich ein brandenburgischer Sponsor gefunden: „Nach Warendorf werde ich nicht runterfahren.“ Eher schon aus der Bundeswehr austreten, auch wenn das das Ende seiner Karriere bedeute, der 1992 mit einer olympischen Bronzemedaille ein weiterer Höhepunkt beschieden war. OSC-Präsident Herbert Knoblich zürnte, der DSV entführe die Sportler aus anderen Stützpunkten nach Warendorf, um den dort herrschenden Mangel an guten Sportlern zu kaschieren und legte Einspruch ein beim Verteidigungsminister.
Herausgekommen ist ein Kompromiß nach Bürokratenart. Trainieren, ließ das Ministerium jetzt mitteilen, wird der renitente Langstreckler weiter in Potsdam. Geführt wird er allerdings ab sofort im Bundeswehrtrainingszentrum Warendorf. ger
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