■ Press-Schlag: Halbe Revanche
„Als ich Berti Vogts ausgespielt hatte, war es auch kein Problem, an Sepp Maier vorbeizukommen und den Ball ins Tor zu schießen.“ Jürgen Sparwasser muß noch nach 19 Jahren immer wieder sein goldenes Tor für die DDR gegen die BRD beim WM- Spiel im Hamburger Volksparkstadion beschreiben. Auch bei der WM-Revanche in Steinach war er der erste Torschütze – und wieder problemlos: „Die herrliche Flanke von Frank Baum konnte ich einfach nicht vorbeiköpfen“.
Die Fußballer von gestern wiederholten vor 15.000 Zuschauern im Steinacher Waldstadion jedoch nicht das Ergebnis von 74, sondern schossen munter weiter. Der etwas füllig gewordene Klaus Fischer erinnerte mit seinem Kopfballtreffer zum Ausgleich an alte Zeiten und auch ein Wolfgang Overath wirkt immer noch wie früher, schlank und rank, selbst wenn ihm der Ball nicht immer so am Fuß liegt wie bei der WM. Dagegen hatte Günter Netzer doch einige Probleme. Nach wenigen Minuten trug der Ex-Gladbacher nur noch seine Pfunde gemächlich über das Spielfeld, das aber tapfer bis zum Schlußpfiff.
Diesen Durchhaltewillen hatte er seiner Konkurrenz aus München voraus. Franz Beckenbauer, Karl-Heinz Rummenigge und Paul Breitner hatten sich bei der Gesprächsrunde vor der Partie schon dermaßen verausgabt, daß sie in der Halbzeit ausgewechselt werden mußten. Aber das Trio hatte es auch nicht leicht. Der Kaiser zeigte sich als Dauerlächler, Breitner dagegen grantelte wie in besten Tagen, als ihm die Fans auf den Pelz rückten.
Auch auf Seiten der DDR waren einige Akteure im besten Futter. Konrad Weise ließ erkennen, daß er als Co- Trainer immer noch täglich auf dem Platz steht. Harald Irmscher setzte spielerische Akzente und Jürgen Croy im Tor hat auch nichts verlernt. Der eingewechselte Jürgen Heun erwies sich als willkommene Verstärkung. Mit zwei Treffern erhöhte der Ex-Erfurter auf 3 : 1. Auf dem Spielfeld trat der 35jährige ohne Respekt vor den Großen auf, nach dem Abpfiff ging er aber sofort zu Wolfgang Overath und bat um ein Trikot für seinen Sohn.
Die 15.000 Fans hofften auf einen Erfolg „ihrer“ Mannschaft, aber das BRD- Team hatte Glück. Georg Buschner brachte die Oldies, und die waren nicht mehr ganz so schnell auf den Beinen. So gelang Klaus Fischer und Herbert Zimmermann das 3 : 3, das 4 : 3 von „Matze“ Vogel egalisierte wieder Zimmermann. „Wenn ich am Schluß nicht die alten Spieler eingewechselt hätte, hätten wir gewonnen“, meint der Original- Trainer von 1974.
„Es war ein tolles Spiel für die Zuschauer, sie haben acht Tore gesehen, vier auf jeder Seite, ich bin mit dem Ergebnis zufrieden.“ Diese Antwort war von beiden Seiten zu hören, egal ob man Wolfgang Overath oder Konrad Weise fragte. Max Faber
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