■ Press-Schlag: Käpt'n mit Käppi
Neale Fraser läuft in der Messehalle herum, als ob die australische Sonne auf sein Haupt schiene und er nur 'mal eben vom Tennisplatz kurz vorbeischaue: T-Shirt, kurze Hose, Turnschuhe, weiße Schirmmütze. „Düsseldorf zeigt sich nicht von seiner besten Seite – es ist doch ein wenig kalt hier.“ Es ist das einzige, was Fraser auszusetzen hat. Man könnte ihn sich auch bestens vorstellen, wie er dasteht, einen Wasserschlauch in der einen Hand, mit einem Leder seinen „truck“ abreibend und dazu einen Countrysong trällernd. Neale Fraser hat ein sonniges Gemüt. „Frase“, wie ihn die Aussies kumpelhaft rufen, ist auch nicht Autowäscher, sondern Tennislehrer.
Er ist der Weltrekordler unter den Davis-Cup-Kapitänen: Seit 1970 ist der 60jährige Sunnyboy Chef des australischen Teams, das er bereits viermal zum Gewinn des Pottes motivieren konnte. „Mein Job ist es, aus jedem Spieler das beste herauszukitzeln, was dieser zu leisten vermag.“ Die Spieler mögen ihn. „Frase“ ist, wie er selbst sagt, für sie eine „Vaterfigur“. Großvater könnte er auch schon sein. Und ein überaus spritziger noch dazu.
Mehr noch als sein Vorgänger Harry Hopmann hat sich Fraser einen Namen als Spieler gemacht: 1959 und 1960 siegte der Linkshänder bei den US Open im Einzel, Doppel und Mixed, was seitdem keinem Spieler mehr gelang. 1960 gewann er Wimbledon. Von 1955 bis 1963 stand er im Davis-Cup-Team und bildete mit Roy Emerson eines der besten Doppel der Tennisgeschichte.
40 Jahre Tennis. Dabei hatte ihm sein Dad, ein Richter, vor Beginn seiner Karriere eindringlich gewarnt: „Solltest du Tennisspieler werden, wirst du als Penner jämmerlich enden.“ Auch nach 40 Jahren Tennis von Jammer keine Spur. Wie besessen habe er trainiert, um Dad eines Besseren zu belehren, sagt der Kapitän mit der Baseballmütze (richtig herum, versteht sich): „Tennis ist mein Leben, ist es immer gewesen.“
Und was erzählt Vater „Frase“ seinen Zöglingen im Match? „Sehr viel, aber immer dasselbe: „Bleib ruhig, atme durch, sauge den Sauerstoff tief in die Lungen, bleib beweglich in den Füßen, du schaffst es.“ Jason Stoltenberg sagt man nach, es verließen ihn die Nerven in entscheidenden Situationen. Fraser sagt: „Wenn ich bei ihm sitze, ist er stark.“ Im Davis-Cup ist nichts normal. Team-Kapitäne leisten moralischen Beistand auf dem Platz. Niki Pilic sitzt auf seinem Stuhl wie eine preußische Statue, kerzengerade, die Arme über der Brust verschränkt. Neale Fraser erweckt den Anschein, als genieße er auf seiner Veranda die letzten Sonnenstrahlen im Schaukelstuhl. „Ich wirke nur so cool, in mir sieht es anders aus“, lacht er, der, anders als sein deutscher Kollege im adretten Trainingsanzug aus Seiden-Popeline für 580 Mark, immer für ein Pläuschchen zu haben ist. -coh-
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