■ Press-Schlag: Olympia raus aus Cobb!
Greg Louganis, vierfacher Olympiasieger im Kunst- und Turmspringen, galt bisher als eine eher introvertierte Persönlichkeit. So waren Überraschung und Medienecho groß, als der 34jährige, dessen Autobiographie „Breaking the Surface“ Ende des Jahres erscheint, gleich zweimal spektakulär an die Öffentlichkeit trat. Zuerst bekannte er sich während der Gay Games in New York erstmals öffentlich zu seiner Homosexualität, dann nutzte er seine Dankesrede bei der Entgegennahme einer Trophäe für verdiente Athleten Anfang Juli dazu, das derzeit heißeste Eisen der Olympischen Spiele von Atlanta 1996 noch etwas weiter zu erhitzen: die Cobb-County-Affäre.
Cobb ist eine erzkonservative Gemeinde im Norden Atlantas, die im letzten Jahr durch die Verabschiedung einer Resolution gegen homosexuelle Lebensweise für landesweite Empörung sorgte. Just in Cobb soll in zwei Jahren der olympische Volleyball-Wettbewerb stattfinden. Sofort nach Bekanntwerden der Resolution begannen lokale Aktivistinnen und Aktivisten sowie die nationale „Allianz gegen die Diffamierung von Schwulen und Lesben“ eine Kampagne für eine Verlegung der Volleyball- Spiele und gründeten die Gruppe „Olympia raus aus Cobb“, die dem Organisationskomitee von Atlanta 96 (ACOG) zunehmend Kopfschmerzen bereitet. Jon-Ivan Weaver, Sprecher der Anti- Cobb-Bewegung, kündigte an, während der Olympischen Spiele eine Million Demonstranten nach Atlanta zu holen, wenn nicht die Resolution zurückgenommen oder die schwulenfeindliche Gemeinde zur olympiafreien Zone erklärt werde.
Sowohl das Nationale Olympische Komitee der USA (USOC) als auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) halten sich aus der Sache fein heraus. „Die Entscheidung obliegt ausschließlich dem Organisationskomitee“, sagt USOC- Präsident LeRoy Walker und IOC-Chef Juan-Antonio Samaranch erklärte bei einem Besuch in Atlanta: „Wir haben keine Lösung für dieses Problem, unterstützen aber voll und ganz die Bemühungen des Organisationskomitees, das Problem zu lösen.“
Der Schwarze Peter liegt also bei den Organisatoren, die eine Entscheidung bis zum Ende des Jahres angekündigt hatten. Der spektakuläre Auftritt von Greg Louganis scheint die Dinge jedoch zu beschleunigen. ACOG-Chef Billy Payne ließ durchblicken, daß möglicherweise schon in den nächsten Wochen ein alternativer Austragungsort für das Volleyball-Turnier präsentiert werde. Die Aussichten einer Rücknahme der Resolution sind jedenfalls gleich null. Louganis hatte noch nicht ganz ausgeredet, da war der Gemeinderat von Cobb schon zusammengetreten und hatte jeden Kompromiß abgelehnt. „Damit ist die Sache erledigt“, erklärte Ratssprecher Gordon Wysong. Matti
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