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■ Press-Schlag„In Karlsruh' steht die Residenz“

Es badnerte. Es badnerte ganz gewaltig. Obwohl doch ein Berliner im Mittelpunkt stehen sollte, der einst unter öffentlich vergossenen Tränen aus seiner zweiten, rheinländischen Heimat zu einer vier Jahre dauernden italienischen Reise aufgebrochen war. Die wichtigste Frage deshalb vor dem Spiel vom Reporter des Regionalfernsehens: „Und, Thomas, den Text des Badnerliedes schon drauf?“ Thomas „Icke“ Häßler: „Nö, aber der Präsident hat gesagt, daß er auf der Anzeigentafel erscheinen wird.“

Wichtigste Frage (desselben Reporters) nach dem Spiel: „Und, Thomas (hö, hö, hö), Badnerlied?“ Icke: „Das (grins) wird demnächst auch noch kommen.“ Und was fragt der Chef dieses Reporters in der regionalen Sportschau den KSC-Trainer: „Und, Herr Schäfer (hö, hö, hö), hat der Thomas Häßler ihn jetzt drin im Vertrag, oder nicht – den Text des Badnerliedes?“

Die Wiederentdeckung des fast schon verschollenen Liedgutes hat einen banalen Grund: „In Karlsruh' steht die Residenz“, heißt es nämlich in der vielbeschworenen Hymne – und dies soll zumindest in der Fußball-Bundesliga jetzt so werden. Denn nach dem bitteren Scheitern an der UEFA-Cup-Qualifikation am letzten Spieltag der vergangenenen Saison hat der KSC 14 Millionen Mark am Transfermarkt investiert und mit der Verpflichtung von Thomas Häßler, der schon im Training tausend Zuschauer anlockte, in der Fächerstadt einen Fußballboom ohnegleichen ausgelöst.

Das schien auch die südbadischen Underdogs aus Freiburg mächtig beeindruckt zu haben. Die nämlich agierten „im ratzeputz ausverkauften Wildparkstadion“ (KSC-Manager Dieter Meinhold) wie das Farm-Team des vermeintlich übermächtigen Nachbarn. Ohne die verletzten Stürmer Rraklli, Wassmer und Borodjuk war nichts vom forschen Vorwärtsspiel der vergangenen Spielzeit zu sehen, auch wenn Trainer Volker Finke seiner Mannschaft ein „ganz ordentliches“ Match bescheinigte, in dem der SC „trotz der Sorgen genug Torchancen“ hatte. Die wurden aber nicht genutzt, dafür sorgten einige eindringliche Beispiele des wankenden Abwehrverhaltens der Südbadener für einen ungefährdeten und wenig aufregenden 2:0-Sieg der Karlsruher.

Unnötig deshalb die Warnung von Winnie Schäfer vor der Partie: „Heute sind wir keine Badener.“ Und wenig tragisch auch, daß sich der angesichts der Begeisterung ungläubig staunende „Thomasino“, von ein paar Lichtblicken abgesehen, noch nicht zum badischen „Thomäsle“ gewandelt hat, der die Seinen zu einsamen fußballerischen Höhen führte. Nach 70 Minuten ging er, mit leuchtenden Augen, in denen der Satz geschrieben stand, den wir vielleicht bald schon auch zu hören bekommen werden: „Icke bin ein Badener.“ Ulrich Fuchs

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